Praxisbeispiel
Soldat bei der Führungsakademie der Bundeswehr

Wo lag die Herausforderung?

Bei dem Soldaten kam es zu einer Autoimmunerkrankung, die zu einer hochgradigen Sehbehinderung bzw. fast Blindheit mit einem Restsehvermögen von unter fünf Prozent führte. Privat und beruflich musste er deshalb lernen, sich mit der neuen Situation zurechtzufinden.

Was wurde gemacht?

Er nahm an einer Blindentechnischen Grundausbildung (BTG) in einem Berufsförderungswerk teil. In der BTG absolvierte er ein Mobilitätstraining und lernte die Brailleschrift sowie den Gebrauch von Blindenhilfsmitteln kennen. Die von der Bundeswehr anerkannte Behinderung führte zur Wiedereinstellung und der Beschäftigung auf einem für ihn geeigneten Arbeitsplatz im Büro. An seinem Arbeitsplatz und zur Orientierung nutzt er folgende Hilfsmittel:

Schlagworte und weitere Informationen

Die behinderungsbedingten Kosten für die Hilfsmittel am Arbeitsplatz und das Fernrohr zur Orientierung wurden von der Bundeswehr übernommen. Die Beratung zum Einsatz und zur Erprobung der Blindenhilfsmittel erfolgte im Rahmen der Blindentechnischen Grundausbildung in einem Berufsförderungswerk für Menschen mit einer Sehbehinderung oder Blindheit.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern von Einrichtungen, wo Menschen mit einer entsprechenden Sehschädigung eine Blindentechnische Grundausbildung absolvieren können.

Unternehmen:

Es handelt sich um die Führungsakademie der Bundeswehr. Dort werden militärische Spitzenkräfte auf ihre Aufgaben in Streitkräften, der NATO, der Europäischen Union vorbereitet. Berufserfahrene Offizierinnen und Offiziere aus dem In - sowie Ausland und auch zivile Führungskräfte absolvieren an der Akademie Aus-, Fort- und Weiterbildungen . An den Angeboten der Führungsakademie nehmen ständig mehr als 600 Personen teil, davon auch rund 100 ausländische Offizierinnen und Offiziere aus etwa 50 Nationen. Pro Jahr bildet die Führungsakademie über 3.000 Personen in Lehrgängen und Seminaren aus. Zur Führungsakademie gehört auch ein Hauptmann mit einer Schwerbehinderung.

Behinderung und Beeinträchtigung des Hauptmanns:

Durch die Zeit seines Dienstes in Krisengebieten und den damit verbundenen Belastungen sowie Erlebnissen kam es bei dem Soldaten zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Zudem trat bei ihm eine Autoimmunerkrankung mit starker Entzündungsreaktion auf, die zur Vernarbung der Netzhaut, dem Absterben der Sinneszellen im Zentrum der Augen und somit zur hochgradigen Sehbehinderung bzw. fast Blindheit führte. Seine Restsehfähigkeit liegt dabei unter fünf Prozent.
Er kann optische Informationen kaum noch wahrnehmen. Für ihn müssen sie deshalb stark vergrößert oder umgewandelt in Sprache oder taktil über die Brailleschrift wahrnehmbar sein. Außerdem hat dies Einfluss auf seine Mobilität. Er benötigt daher Hilfsmittel zu Orientierung. Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 100.

Ausbildung und Beruf:

Der Hauptmann war zunächst 15 Jahre als Zeitsoldat bei der Bundeswehr tätig, bis er diese verließ und wieder im zivilen Berufsleben Fuß fassen wollte. Er studierte deshalb danach Mediation und schloss das Studium mit einem Master ab. Bedingt durch die auftretende Behinderung musste er, nach dem Studium und einer Zeit der Ausübung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, eine Blindentechnische Grundausbildung bzw. Blindentechnische Grundrehabilitation (BTG) von einem Jahr in einem Berufsförderungswerk absolvieren. Im Rahmen der BTG erfolgte u. a. auch ein Mobilitätstraining, das Erlernen der Brailleschrift und der Gebrauch von Blindenhilfsmitteln beispielsweise zur Nutzung des Computers. Die Bundeswehr erkannte an, dass die PTBS im Dienst erworben worden war und stellte ihn auf einen für ihn geeigneten Arbeitsplatz bei der Führungsakademie ein.

Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe:

Der Hauptmann ist an einem Bildschirmarbeitsplatz im Backoffice im Bereich Prozessmanagement tätig. An seinem Arbeitsplatz bearbeitet er Daten und Informationen EDV-technisch am Computer und von Schriftstücken in Papierformat bzw. sog. Schwarzschrift. Die dazu erforderlichen Hilfsmittel lernte er im Rahmen der BTG kennen. So nutzt er eine Vergrößerungssoftware in Verbindung mit dem Arbeiten am Computer, um die optischen Informationen auf den Großbildschirmen größer und kontrastreicher darzustellen. Um dabei einen optimalen Sehabstand zu den beiden Großbildschirmen einnehmen zu können, wurden diese auf einem Monitorschwenkarm installiert. In Kombination mit einem höhenverstellbaren Arbeitstisch kann er so eine ergonomische Arbeitshaltung einnehmen und es kommt zu keiner erhöhten Belastung der Wirbelsäule. Die Vergrößerungssoftware verfügt auch über eine integrierte Sprachausgabe, so dass er sich die optischen Inhalte stattdessen über Kopfhörer ausgeben lassen kann – was häufig der Fall ist. Alternativ kann er auch die Braillezeile in Verbindung mit einem Screenreader nutzen, um sich die Bildschirminhalte taktil über die Braillezeile oder ebenfalls akustisch bzw. sprachlich über die Kopfhörer ausgeben zu lassen. Die Dateneingabe und die Bedienung des Computers erfolgt dabei über eine Großschrift-Kontrasttastatur, wobei die Eingabe von Texten mit Hilfe des Zehnfingersystems erfolgt, das sonst auch von sehenden Personen genutzt wird.
Für das Lesen von Schriftstücken in Papierformat nutzt der Hauptmann ein Bildschirmlesegerät. Zu dessen Nutzung legt er das Schriftstück unter die Kamera des Bildschirmlesegerätes und kann sich dann den Inhalt vergrößert auf einem der Großbildschirme anzeigen lassen. Eine OCR-Texterkennung und anschließende Text-to- Speech-Umwandlung ermöglicht auch hier die Ausgabe in Sprache über die Kopfhörer.

Kommentar des Hauptmanns:

„Ich bevorzuge eigentlich die Sprachausgabe, da ich für das Lesen in Braille über die Braillezeile oder das Erkennen der vergrößerten Infos auf dem Bildschirm doch mehr Zeit benötige.“

Arbeitsumgebung – Mobilität:

Zur Orientierung auf seinem Arbeitsweg innerhalb und außerhalb des Bundeswehrgeländes nutzt er einen Langstock bzw. Blindenstock. Zusätzlich hilft ihm bei der Orientierung noch ein Fernglas, mit dem er beispielsweise Straßennamen und Hinweis- sowie Infotafeln vergrößert lesen kann.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Sehen
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Lesen
  • IMBA - Sehen
  • MELBA - Lesen

Referenznummer:

Pb/111201


Informationsstand: 30.01.2023