Praxisbeispiel
Beruflicher Werdegang eines Metallbearbeiters bei Mercedes

Wo lag die Herausforderung?

Der Jugendliche ist gehörlos und nicht fähig akustische Informationen wahrzunehmen. Eine Kommunikation mit ihm ist über die Gebärdensprache oder das Lippenablesen möglich. Nach der Schule suchte der Jugendliche einen Ausbildungsplatz und absolvierte zunächst einige Praktika.

Was wurde gemacht?

Nach drei erfolgreichen Praktika bei Mercedes bewarb der Jugendliche sich dort um einen Ausbildungsplatz. Aufgrund der guten Erfahrungen während der Praktika lud das Unternehmen den Jugendlichen zum Vorstellungsgespräch ein. Er erhielt danach einen Ausbildungsplatz zum Metallbearbeiter. Zur Kommunikation wird bei Bedarf, wie für das Vorstellungsgespräch, die Kommunikation am Arbeitsplatz und die Prüfungen, eine gebärdensprachdolmetschende Person einbezogen. Nach der Ausbildung wurde der Jugendliche fest eingestellt. Im Falle einer Störung oder eines Notfalls wird der Metallbearbeiter entweder durch Lichtsignale oder Kolleginnen bzw. Kollegen darauf aufmerksam gemacht.

Schlagworte und weitere Informationen

Das Unternehmen erhielt von der Arbeitsagentur Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung. Die Arbeitsagentur förderte zusätzlich die Kosten für das Internat und trug auch die Fahrtkosten während der Ausbildung, damit der Jugendliche am Blockunterricht im Berufskolleg für Menschen mit Hörschädigung teilnehmen konnte. Die erhöhten Kosten für die Abschlussprüfung bzw. Prüfungsgebühren übernahm das Integrations- beziehungsweise Inklusionsamt. Das Integrations- beziehungsweise Inklusionsamt förderte bzw. fördert außerdem den Einsatz von gebärdensprachdolmetschenden Personen.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Arbeitsagenturen, Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter und von Gebärdendolmetscherinnen oder Gebärdendolmetschern.

Unternehmen:

Die Mercedes-Benz Group AG produziert mit ihren Beschäftigten Pkw und Nutzfahrzeuge bzw. Vans.

Behinderung und Beeinträchtigung des Jugendlichen:

Der Jugendliche erkrankte als einjähriges Kind an Meningitis (Hirnhautentzündung) und ist seit diesem Zeitpunkt gehörlos. Er ist nicht fähig akustische Informationen, z. B. Lautsprache und Signale, wahrzunehmen. Behinderungsbedingt müssen deshalb hörbare Informationen so verändert werden, dass sie von dem Jugendlichen optisch oder taktil wahrgenommen werden können. Eine Verständigung bzw. Kommunikation mit ihm ist über die Gebärdensprache oder das Lippenablesen möglich. Damit der Jugendliche die Lippen der am Gespräch teilnehmenden Person ablesen kann, muss sich diese ihm zuwenden und nicht zu schnell sprechen.

Übergang Schule – Ausbildung:

An einer Schule mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation erlangte der Jugendliche den Hauptschulabschluss. Über bestehende Kontakte zwischen der Schule und der Schwerbehindertenvertretung des Unternehmens bekam der damalige Schüler die Möglichkeit ein Betriebspraktikum zu absolvieren. Nach drei erfolgreichen Praktika bewarb er sich zunächst schriftlich um einen Ausbildungsplatz beim Unternehmen. Aufgrund der Bewerbung und der guten Erfahrungen während der Praktika lud das Unternehmen den Jugendlichen zum Vorstellungsgespräch ein. Mit Hilfe einer gebärdensprachdolmetschenden Person, welche von der Schwerbehindertenvertretung einbezogen wurde, verlief das Vorstellungsgespräch ohne Schwierigkeiten. Am Ende des Bewerbungsverfahrens erhielt der Jugendliche einen Ausbildungsplatz zum Metallbearbeiter.

Ausbildung und Beruf:

An einem speziellen Berufskolleg für Menschen mit Hörschädigung erlernte der Jugendliche die theoretischen Inhalte während der Berufsausbildung. In den mehrwöchigen Phasen des Blockunterrichtes wurde er im Internat des Berufskollegs untergebracht, da die Entfernung zwischen Wohnort und Berufskolleg für das tägliche Pendeln zu groß war. Im Ausbildungsbetrieb bzw. beim Unternehmen erfolgte der praktische Teil der Ausbildung. Dabei lernte der Jugendliche im Ausbildungsbereich (Lehrwerkstatt) und in den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens unterschiedliche Fertigungsverfahren (Bohren, Drehen, Fräsen, Schweißen usw.) und Produktionsabläufe (Montage, Reparatur, Qualitätssicherung, Anlagenbedienung usw.) kennen. Dank seines schnellen optischen Auffassungsvermögens fiel es ihm leicht, die gezeigten bzw. gesehenen Arbeitsabläufe und Sachverhalte zu verstehen und umzusetzen.
Der theoretische Teil der Abschlussprüfung wurde im Berufskolleg durchgeführt, da dort geschultes Lehrpersonal und entsprechende Personen mit Gebärdensprachkenntnissen zur Verfügung standen. Außerdem wurden die Prüfungstexte in eine für Personen mit Hörschädigung verständliche Sprache – unter Beibehaltung der Prüfungsinhalte – übersetzt, um die Auswirkungen der Gehörlosigkeit im Bereich des Sprachverstehens auszugleichen. Dies ist in der Regel erforderlich, da Menschen mit Gehörlosigkeit Schwierigkeiten mit der üblichen rein sprachlich bedingten Formulierung von Texten bzw. Prüfungsaufgaben haben. Der praktische Teil der Abschlussprüfung fand dagegen im Ausbildungsbereich des Unternehmens statt. Auch hier war eine gebärdensprachdolmetschende Person anwesend, die entsprechende Aussagen der Prüfungsaufsicht und Fragen des Auszubildenden übersetzte. Der Jugendliche schloss seine Ausbildung erfolgreich ab und wurde vom Unternehmen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen.

Arbeitsorganisation:

Bei Kommunikationsschwierigkeiten und speziell für Unterweisungen im Ausbildungsbereich (Sicherheitsunterweisung, Gruppengespräche usw.) stand einmal pro Woche eine gebärdensprachdolmetschende Person zur Verfügung. Auch die Einarbeitung am späteren Arbeitsplatz bzw. in der Arbeitsgruppe erfolgte mit Hilfe einer gebärdensprachdolmetschenden Person. Um vorab Missverständnisse zu vermeiden, wurde die Arbeitsgruppe durch die Schwerbehindertenvertretung und die gebärdensprachdolmetschende Person entsprechend auf mögliche Schwierigkeiten vorbereitet.

Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe:

Der Metallbearbeiter wird im Schichtdienst an einem Teilabschnitt des taktgebundenen Fließbandes des Unternehmens als Monteur eingesetzt. In seinem Einsatzbereich arbeitet der Metallbearbeiter oft zusammen mit einem anderen gehörlosen Beschäftigten. Die Kommunikation zwischen ihnen erfolgt dabei über die Gebärdensprache. Die Kommunikation mit den anderen hörenden Kolleginnen, Kollegen und vorgesetzten Personen erfolgt über die Lautsprache bzw. das Lippenablesen, Gesten oder kurze schriftliche Texte. Im Falle einer Störung oder eines Notfalls wird der Metallbearbeiter entweder durch Lichtsignale oder Kolleginnen bzw. Kollegen darauf aufmerksam gemacht.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

Schlagworte

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Hören
  • ERGOS - Sprechen
  • IMBA - Arbeitssicherheit
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Gestik/Mimik
  • IMBA - Hören
  • IMBA - Lautabgabe/Sprechen
  • IMBA - Schichtarbeit
  • IMBA - Unfallgefährdung
  • MELBA - Sprechen

Referenznummer:

Pb/110707


Informationsstand: 25.07.2023