Praxisbeispiel
Wo lag die Herausforderung?
Der Mann verlor durch einen privaten Unfall beide Arme und benutzt deshalb seine Füße bzw. Zehen, um beispielsweise Bedienelemente zu betätigen. Da er erst später nach Deutschland kam, waren seine Sprachkenntnisse nur gering. Beruflich besaß er jedoch bereits gute Erfahrungen im Bereich Webentwicklung. Nachdem er sich arbeitssuchend gemeldet hatte, suchte er nach einer Weiterbildung. Da er kein passendes Angebot fand, nahm er an einer Umschulung zum Anwendungsentwickler teil. Im Rahmen dieser Umschulung suchte er nach einem Praktikum, eigentlich aber nach einer Stelle in seinem Wunschberuf als Webentwickler.Was wurde gemacht?
Er nahm Kontakt zur Agentur auf, die eigentlich eine Webentwicklerin oder einen Webentwickler suchte. Er erhielt anschließend einen Praktikumsplatz mit Schwerpunkt Webentwicklung.Aufgrund seiner Persönlichkeit und Fachkenntnisse wurde er nach dem Praktikum fest eingestellt. Er beendete deshalb auch seine Umschulung. Zu Beginn seiner Festanstellung nahm er parallel an einem Deutschkurs teil, um seine Verständigung im Team und mit der Kundschaft zu verbessern. An seinem Arbeitsplatz programmiert er mit den Füßen. Dazu bedient er die Maus und Tastatur mit den Füßen bzw. Zehen am Boden. Die beiden Monitore stehen dabei auf dem kleineren Bürotisch mit den dazu erforderlichen Maßen.
Das Unternehmen erhielt von der Arbeitsagentur einen monatlichen Eingliederungszuschuss als Lohnkostenzuschuss im Rahmen der Neueinstellung des Mitarbeiters mit Schwerbehinderung, der vorher arbeitslos war. Die technische Beratung erfolgte durch den Technischen Beratungsdienst der Arbeitsagentur.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Arbeitsagenturen.
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Unternehmen:
Es handelt sich um eine inhabergeführte Marketing- und Werbeagentur mit 13 Beschäftigten, die u. a. Webdesign, Werbekampagnen, Printwerbung sowie Werbe- und Produktfotos für ihre Kundschaft anbietet. Die Marketing- und Werbeagentur stellte einen neuen Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung ein, der sich zuvor beim Unternehmen für ein Praktikum beworben hatte.Kommentar des Inhabers zur Neueinstellung:
„Wir müssen alle ganz normal miteinander umgehen. Es gilt, die Barrieren im Kopf aus dem Weg zu räumen. Wichtig war für mich, zu erfahren, ob er wirklich arbeiten möchte und dies auch physisch leisten kann.“
Behinderung und Beeinträchtigung des Mitarbeiters:
Der Mann verlor beide Arme durch einen privaten Unfall in der Jugend und ist schwerbehindert. Dies führt zur Einschränkung des Greifraums, der Fähigkeit zur Handhabung und zu einer Reduzierung der Körperkräfte. Er benutzt deshalb seine Füße bzw. Zehen, um Gegenstände zu nutzen und Bedienelemente zu betätigen.Ausbildung und Beruf:
Der Mann kam erst vor einigen Jahren nach Deutschland und sprach entsprechend kaum Deutsch. Er verfügte aber über gute Kenntnisse in der Programmierung für Webentwicklungen. Nachdem er sich arbeitssuchend gemeldet hatte, suchte er nach einer entsprechenden Weiterbildung im Bereich der Webentwicklung, konnte aber kein passendes Angebot finden. Deshalb nahm er an einer Maßnahme zur Umschulung zum Anwendungsentwickler teil. In deren Rahmen er auch Praktika absolvieren musste. So nahm er dann Kontakt zum Unternehmen auf, das eigentlich eine Webentwicklerin oder einen Webentwickler suchte und fragte nach einem Praktikum. Obwohl er das vom Unternehmen geforderte Profil aufgrund der Inhalte der Umschulung nur teilweise erfüllte, war der Inhaber des Unternehmens trotzdem von seiner Persönlichkeit so überzeugt, dass er ihm die Chance gab, sich mit seinen ausführlichen Unterlagen um einen Praktikumsplatz zu bewerben – was er auch tat.„Wer sich mit so einem Handicap traut, an einer fremden Tür zu klopfen und mit gebrochenem Deutsch nach einem Praktikum zu fragen, hat Respekt und Gehör verdient“, so der Inhaber.
Schon im folgenden Vorstellungsgespräch hatte dann der Inhaber das fachliche Potential des Bewerbers erkannt und der Bewerber konnte sein Praktikum danach im Unternehmen antreten. Er erhielt zunächst Testaufgaben, durch die er seine Fähigkeiten im Bereich der Webentwicklung zeigen konnte, so dass er schnell in die Programmierung von Webprojekten mit einbezogen wurde. Nach dem Praktikum wurde er dann in seinem favorisierten Beruf als Webentwickler fest eingestellt und er hörte mit der Umschulung auf.
Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe:
Der Mitarbeiter ist an einem Bildschirmarbeitsplatz im Büro tätig. Zu seinen Aufgaben gehört dort die Programmierung von Webseiten und -angeboten in den dazu notwendigen Programmiersprachen. Er nutzt dafür den Computer bzw. eine handelsübliche Maus und Tastatur, die er auf dem Boden stehend mit den Füßen bzw. Zehen bedient. Die beiden Monitore stehen nicht auf dem Boden, sondern wie üblich auf dem Bürotisch. Der Abstand zum Bürotisch ist so ausgelegt, dass er im Bodenbereich die Maus und Tastatur gut erreichen und sehen sowie gleichzeitig die Inhalte auf den beiden Bildschirmen gut erkennen kann. Der Bürotisch ist dazu kleiner mit den entsprechend erforderlichen Maßen. Ein ständiges Blicken auf den Boden ist auch nicht erforderlich, da er die Bewegung des Mauszeigers auf dem Monitor verfolgen kann und ihm in Bezug auf die Tastatur die Anordnung der Tasten bekannt ist. Er benötigt im Fußbereich unter dem Bürotisch nur einen Heizlüfter, da seine Füße nicht bekleidet sind und er so die Zehen ohne Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit und des Tastsinnes nutzen kann. Im Büro trägt er sonst Hausschuhe, damit er bei Bedarf schnell und einfach seine Füße einsetzen kann.Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:
ArbeitstischeArbeitsorganisation:
Am Anfang bereiteten dem Team besonders die sprachlichen Fähigkeiten und damit die Kommunikation Probleme. Deshalb nahm er nach dem Praktikum parallel zu seiner Tätigkeit an einem Deutschsprachkurs teil. Dies war nicht nur für die mündliche Verständigung mit dem Team, sondern auch mit der Kundschaft wichtig. So konnte er nach und nach auch die mündlichen Gespräche mit der Kundschaft übernehmen, die früher vom Team geführt wurden. Bei der schriftlichen Kommunikation halfen ihm in der Zeit des Sprachlernens online zugängliche Übersetzungsprogramme.Schlagworte
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Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung
- EFL - Handkoordination (rechts/links)
- EFL - Handumwendebewegungen (rechts/links)
- EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
- ELA - Feinmotorik
- ELA - Reichen
- ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
- ERGOS - Fingergeschicklichkeit
- ERGOS - Handgeschicklichkeit
- ERGOS - Reichen
- IMBA - Arbeitszeit
- IMBA - Armbewegungen
- IMBA - Feinmotorik (Hand- und Fingergeschicklichkeit)
- IMBA - Hand-/Fingerbewegungen
- IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)
- MELBA - Feinmotorik
Referenznummer:
Pb/111305
Informationsstand: 31.07.2025