Praxisbeispiel
Kurzbeschreibung:
Ein Interview mit Frau Winkler, einer sehbehinderten Mitarbeiterin in der AG Services Behinderung und Studium an der Technischen Universität Dresden, geführt von Nadine Lormis für das REHACARE Magazin von rehacare.de.
Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
- Aufgaben der Mitarbeiterin im Arbeitsalltag
- Anpassungen am Arbeitsplatz
- Besondere Herausforderungen im Arbeitsalltag
- Feedback des beruflichen Umfelds
- Barrierefreiheit
Schlagworte und weitere Informationen
Das Interview mit Frau Winkler führte Nadine Lormis für das REHACARE Magazin von rehacare.de. Frau Winkler arbeitet an der Technischen Universität (TU) Dresden und ist dort als Expertin in eigener Sache für viele Aspekte rund um Barrierefreiheit und Inklusion verantwortlich. Welche Hilfsmittel ihren Arbeitsalltag barrierefrei machen und wie sie als blinde Mitarbeiterin mit dennoch auftretenden Barrieren umgeht, erzählt sie im Interview.
REHACARE Magazin:
Sie sind Mitarbeiterin im gehobenen Innendienst an der TU Dresden. Welche Aufgaben gehören zur Ihrem Arbeitsalltag?
Frau Winkler:
Ich bin Mitarbeiterin in der AG Services Behinderung und Studium. Diese ist angesiedelt in der Fakultät Informatik an der Professur Mensch-Computer-Interaktion. Ich bin Diplom-Pädagogin und habe Erziehungswissenschaften studiert. Außerdem habe ich noch die Ausbildung zur Peer Counselorin ISL gemacht. Die habe ich im November 2018 abgeschlossen und bin seitdem auch Peer-to-Peer-Beraterin für Studierende, Studieninteressierte und Beschäftigte mit Behinderung und chronischer sowie psychischer Erkrankung an der TU Dresden.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bereitstellung und Koordination barrierefreier Studienmaterialien für blinde und sehbehinderte Studierende. Außerdem bin ich Mit-Beraterin der Kolleginnen und Kollegen des Orientierungs- und Leitsystems an der TU Dresden. Das heißt, ich berate Kolleginnen und Kollegen dort zur Ausgestaltung der taktilen Übersichtspläne, die in den Gebäuden hängen.
Auch wenn andere Abteilungen Braille-Drucke machen, gehen diese meistens durch meine Hand. Ich prüfe außerdem die Audiodeskription für Filme, die an der TU Dresden gemacht werden. Weiterhin mache ich interne und externe Schulungen mit meinem Kollegen. Mein Steckenpferd sind die Bild- und Videobeschreibungen beziehungsweise Workshops zu barrierefreien Dokumenten und Webseiten.
Ich berate teilweise auch externe Studierende. In den Beratungen ist generell ganz oft das Thema, welche Hilfsmittel man beantragen kann und was überhaupt möglich ist. Aber auch Themen Arbeit- oder Studienassistenz sowie Nachteilsausgleiche in Prüfungen sind regelmäßig gefragt. Außerdem mache ich auch persönliche Zukunftsplanung mit Studierenden, die im Übergang Studium-Beruf stehen.
Angefangen bei einer Braille-Zeile bis hin zu einer Hyper-Braille-Stiftplatte - es gibt einige technische Hilfsmittel, die mir ein selbstbestimmtes Arbeiten ermöglichen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bereitstellung und Koordination barrierefreier Studienmaterialien für blinde und sehbehinderte Studierende. Außerdem bin ich Mit-Beraterin der Kolleginnen und Kollegen des Orientierungs- und Leitsystems an der TU Dresden. Das heißt, ich berate Kolleginnen und Kollegen dort zur Ausgestaltung der taktilen Übersichtspläne, die in den Gebäuden hängen.
Auch wenn andere Abteilungen Braille-Drucke machen, gehen diese meistens durch meine Hand. Ich prüfe außerdem die Audiodeskription für Filme, die an der TU Dresden gemacht werden. Weiterhin mache ich interne und externe Schulungen mit meinem Kollegen. Mein Steckenpferd sind die Bild- und Videobeschreibungen beziehungsweise Workshops zu barrierefreien Dokumenten und Webseiten.
Ich berate teilweise auch externe Studierende. In den Beratungen ist generell ganz oft das Thema, welche Hilfsmittel man beantragen kann und was überhaupt möglich ist. Aber auch Themen Arbeit- oder Studienassistenz sowie Nachteilsausgleiche in Prüfungen sind regelmäßig gefragt. Außerdem mache ich auch persönliche Zukunftsplanung mit Studierenden, die im Übergang Studium-Beruf stehen.
Angefangen bei einer Braille-Zeile bis hin zu einer Hyper-Braille-Stiftplatte - es gibt einige technische Hilfsmittel, die mir ein selbstbestimmtes Arbeiten ermöglichen.
REHACARE Magazin:
Welche Anpassungen wurden für Sie an Ihrem Arbeitsplatz vorgenommen, damit Sie diesen problemlos nutzen können?
Frau Winkler:
Mein Arbeitsplatz hat im Prinzip schon vorher existiert. Ich habe nämlich die Technik von meinem vorhergehenden Arbeitgeber mitgenommen. Ich wurde direkt gefördert, sodass die Hilfsmittel mein Eigentum sind.
Meine erste Arbeitsplatzausstattung habe ich 2010 für meine erste Anstellung an einer Schule bekommen. Die bestand aus meinem Notebook, weil ich mindestens zu 20 Prozent auch im Außendienst tätig bin. Dazu gehört weiterhin eine 40er-Braille-Zeile sowie ein Buchkantenscanner, der inzwischen durch ein Kamerasystem ersetzt wurde.
Als Software verwende ich JAWS als Screenreader und OpenBook als Texterkennungssoftware für schriftliche Stücke. Ansonsten war noch eine Tastatur mit Markierungspunkten dabei. Die hat man mir zum Notebook dazugegeben. Zusätzlich habe ich einen Arbeitsassistenten, der an meinem PC mitarbeitet, aber einen eigenen Monitor, eigene Maus und Tastatur hat.
Und was demnächst an Technik noch dazukommt und vom Integrationsamt auch schon bewilligt wurde, ist eine sogenannte Hyper-Braille-Stiftplatte, da ich sehr viel mit Grafiken arbeite. Kolleginnen und Kollegen an der TU Dresden haben einen Zeichenarbeitsplatz für Blinde entwickelt und auch einen kollaborativen Zeichenarbeitsplatz mit einer Assistenzperson. Diese beiden Arbeitsplätze nutzen wir dann künftig mit der Stiftplatte. Da kann ich entweder selbst zeichnen oder mein Assistent zeichnet etwas vor und ich überprüfe, ob die taktile Grafik gut umgesetzt ist.
Meine erste Arbeitsplatzausstattung habe ich 2010 für meine erste Anstellung an einer Schule bekommen. Die bestand aus meinem Notebook, weil ich mindestens zu 20 Prozent auch im Außendienst tätig bin. Dazu gehört weiterhin eine 40er-Braille-Zeile sowie ein Buchkantenscanner, der inzwischen durch ein Kamerasystem ersetzt wurde.
Als Software verwende ich JAWS als Screenreader und OpenBook als Texterkennungssoftware für schriftliche Stücke. Ansonsten war noch eine Tastatur mit Markierungspunkten dabei. Die hat man mir zum Notebook dazugegeben. Zusätzlich habe ich einen Arbeitsassistenten, der an meinem PC mitarbeitet, aber einen eigenen Monitor, eigene Maus und Tastatur hat.
Und was demnächst an Technik noch dazukommt und vom Integrationsamt auch schon bewilligt wurde, ist eine sogenannte Hyper-Braille-Stiftplatte, da ich sehr viel mit Grafiken arbeite. Kolleginnen und Kollegen an der TU Dresden haben einen Zeichenarbeitsplatz für Blinde entwickelt und auch einen kollaborativen Zeichenarbeitsplatz mit einer Assistenzperson. Diese beiden Arbeitsplätze nutzen wir dann künftig mit der Stiftplatte. Da kann ich entweder selbst zeichnen oder mein Assistent zeichnet etwas vor und ich überprüfe, ob die taktile Grafik gut umgesetzt ist.
REHACARE Magazin:
Welche Hürden gibt es im Arbeitsalltag vielleicht trotz Ihres barrierefreien Arbeitsplatzes noch für Sie?
Frau Winkler:
Es gibt immer mal nicht barrierefreie Grafikdateien oder Scans. In der Regel lese ich die erstmal mit meiner Texterkennungssoftware, wenn ich alleine bin. Wenn mein Assistent da ist und die Texterkennungssoftware gar nichts machen kann, dann ist natürlich der Assistent gefragt, um diese Hürden zu überwinden.
Meinen Assistenten brauche ich aber auch vor allem im Außendienst - als Begleitung. Es kann durchaus mal kurzfristig ein Außentermin reinkommen, auch wenn mein Assistent nicht im Büro ist. Aber dann frage ich meine Kolleginnen und Kollegen, ob jemand mich begleiten kann. Das lässt sich in der Regel immer irgendwie lösen.
Auf dem Gelände der TU Dresden hängen in den einzelnen Gebäuden sogenannte taktile Übersichtspläne. Diese ermöglichen mir und anderen sehbehinderten und blinden Menschen sich auf dem Campus zu orientieren.
Meinen Assistenten brauche ich aber auch vor allem im Außendienst - als Begleitung. Es kann durchaus mal kurzfristig ein Außentermin reinkommen, auch wenn mein Assistent nicht im Büro ist. Aber dann frage ich meine Kolleginnen und Kollegen, ob jemand mich begleiten kann. Das lässt sich in der Regel immer irgendwie lösen.
Auf dem Gelände der TU Dresden hängen in den einzelnen Gebäuden sogenannte taktile Übersichtspläne. Diese ermöglichen mir und anderen sehbehinderten und blinden Menschen sich auf dem Campus zu orientieren.
REHACARE Magazin:
Wie haben Sie nach Ihrem Studium den Berufseinstieg erlebt?
Winkler:
Ich habe die Monate, die ich nach dem Abschluss zu Hause sein musste, weil mich keiner eingestellt hat, nicht als sehr schön empfunden. Es gab eigentlich nur Hürden. Ich habe an verschiedenen Stellen versucht, Unterstützung zu bekommen. Aber nirgendwo konnte man mir wirklich helfen.
Ich habe mir also alles selber gesucht - übers Internet, über die Webseiten der Städte, Länder und Kommunen. Für mich stand eigentlich schon fest, dass ich in den öffentlichen Dienst wollte. Das hatte natürlich den Vorteil, dass man mich immer zum Gespräch eingeladen hat - aber oft war das nur der Fall, weil sie mich aufgrund der Behinderung einladen mussten. Das hat man teilweise leider gemerkt. Oft kamen beispielsweise keine fachlichen Fragen, obwohl ich natürlich vorbereitet und qualifiziert war. Es gab sogar Gespräche, in denen die anwesende Schwerbehindertenvertretung nicht einmal das Modell der Arbeitsassistenz kannte.
Ich hatte also viele seltsame Vorstellungsgespräche, in denen die Arbeitgeber nicht gut vorbereitet waren und auch nicht wirklich bereit waren, inklusiv zu denken.
Winkler:
Ich habe die Monate, die ich nach dem Abschluss zu Hause sein musste, weil mich keiner eingestellt hat, nicht als sehr schön empfunden. Es gab eigentlich nur Hürden. Ich habe an verschiedenen Stellen versucht, Unterstützung zu bekommen. Aber nirgendwo konnte man mir wirklich helfen.
Ich habe mir also alles selber gesucht - übers Internet, über die Webseiten der Städte, Länder und Kommunen. Für mich stand eigentlich schon fest, dass ich in den öffentlichen Dienst wollte. Das hatte natürlich den Vorteil, dass man mich immer zum Gespräch eingeladen hat - aber oft war das nur der Fall, weil sie mich aufgrund der Behinderung einladen mussten. Das hat man teilweise leider gemerkt. Oft kamen beispielsweise keine fachlichen Fragen, obwohl ich natürlich vorbereitet und qualifiziert war. Es gab sogar Gespräche, in denen die anwesende Schwerbehindertenvertretung nicht einmal das Modell der Arbeitsassistenz kannte.
Ich hatte also viele seltsame Vorstellungsgespräche, in denen die Arbeitgeber nicht gut vorbereitet waren und auch nicht wirklich bereit waren, inklusiv zu denken.
REHACARE Magazin:
Welches Feedback bekommen Sie aus Ihrem beruflichen Umfeld?
Frau Winkler:
Es ist mir im Arbeitsalltag noch nie passiert, dass ich nicht ernstgenommen wurde - zumindest nicht an der Hochschule. Hier wird auch sehr viel Wert auf meine Expertise gelegt. Ich erhalte sehr viele Anfragen - auch für Dinge, die ich eigentlich noch nie gemacht habe, aber durchaus kann. Immerhin kann ich mich dann ja darauf vorbereiten. (lacht)
REHACARE Magazin:
Inwiefern trägt für Sie ein barrierefreier Arbeitsplatz zu einem selbstbestimmten Leben bei?
Frau Winkler:
Wenn ich meine Hilfsmittel nicht hätte, könnte ich nicht arbeiten. Aber mit ihnen kann ich alles soweit normal machen wie jeder andere auch.
Aber: Barrieren im Kopf abzubauen, ist noch viel wichtiger als die Hilfsmittel selbst. Denn auf die Hilfsmittel habe ich einen Rechtsanspruch. Die könnte ich mir im Notfall sogar einklagen. Aber es hilft wesentlich mehr, wenn Menschen negative Gedanken über die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung endlich ablegen. Auf das Beheben der Barrieren im Kopf habe ich nämlich keinen Rechtsanspruch. Es kommt also auf die Menschen an. Inklusion beginnt im Kopf! Ich möchte genauso mit Respekt und Achtung behandelt werden wie alle anderen Menschen auch.
Aber: Barrieren im Kopf abzubauen, ist noch viel wichtiger als die Hilfsmittel selbst. Denn auf die Hilfsmittel habe ich einen Rechtsanspruch. Die könnte ich mir im Notfall sogar einklagen. Aber es hilft wesentlich mehr, wenn Menschen negative Gedanken über die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung endlich ablegen. Auf das Beheben der Barrieren im Kopf habe ich nämlich keinen Rechtsanspruch. Es kommt also auf die Menschen an. Inklusion beginnt im Kopf! Ich möchte genauso mit Respekt und Achtung behandelt werden wie alle anderen Menschen auch.
Es liegen keine Informationen zur Förderung vor.
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Referenznummer:
Pb/111092
Informationsstand: 26.04.2023