Praxisbeispiel
Arbeitsgestaltung für eine Lageristen bei einem Textilfachgeschäft

Wo lag die Herausforderung?

Die Frau hat das Usher-Syndrom, eine Kombination aus einer Innenohrschädigung und degenerativen Netzhauterkrankung. Sie hat deshalb zunehmende Einschränkungen beim Sehen und Hören. Durch die zunehmenden Auswirkungen der Erkrankung traten mit der Zeit Konflikte zwischen der Mitarbeiterin und dem Kollegium auf, da das Kollegium nichts über die Erkrankung und die damit verbundenen Auswirkungen wusste.

Was wurde gemacht?

Zunächst erfolgte eine Beratung über die Auswirkungen der Erkrankung, bei der auch die Vorgesetzte und das Kollegium mit einbezogen wurden. Zusätzlich wurde der Arbeitsplatz behinderungsgerecht sowie sicherer gestaltet und auch die Kommunikation verbessert. Dazu wurden folgende Maßnahmen eingesetzt:
  • Umbau des Lagerbereiches zur Beseitigung von Stolperfallen und weiteren Gefahren
  • an einem Falttisch wurde eine Arbeitsplatzlampe zur besseren Ausleuchtung eingesetzt
  • mit Hilfe eines Paging-Systems kann im Brandfall gewarnt oder allgemein eine Nachricht zum Herkommen übermittelt werden
  • eine gebärdensprachdolmetschende Person zur Unterstützung der Kommunikation in bestimmten Situationen

Schlagworte und weitere Informationen

Der örtliche Integrationsfachdienst und der Fachdienst für Menschen mit Hörbehinderung des Inklusionsamtes unterstützten die Mitarbeiterin und das Unternehmen. Ein Besuch der Deutschen Gesellschaft für Taubblindheit sowie die Beratungen durch die Fachdienste sorgten auch bei der Mitarbeiterin für ein Umdenken und somit für ein offeneres Umgehen mit ihrer Behinderung. Über die Auswirkungen ihrer Behinderung in Bezug auf ihre Tätigkeit kann sie nun ohne Probleme reden.
Der Umbau des Lagerraums und die Hilfsmittel wurden durch das Inklusionsamt gefördert.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter, von Integrationsfachdiensten und von Gebärdensprachdolmetscherinnen sowie Gebärdensprachdolmetschern.

Unternehmen:

Das Unternehmen ist eine von vielen Filialen eines Textilhandelskonzerns. Über Ladengeschäfte und Online-Shop bietet das Unternehmen Kleidung, Accessoires und Schuhe für Damen, Herren und Kinder sowie Wohnaccessoires an.

Behinderung und Beeinträchtigung der Mitarbeiterin:

Die Frau hat das Usher-Syndrom und ist schwerbehindert. Als Folge der Erkrankung kommt es zu einer Innenohrschädigung und einer degenerativen Netzhauterkrankung bzw. Retinitis pigmentosa. Behinderungsbedingt ist deshalb bei ihr das Hören und Sehen eingeschränkt. Sie kann beispielsweise Sprache in bestimmten Situationen, bei starken Nebengeräuschen und bei Gesprächen mit mehreren Personen, besonders schlecht verstehen. Zur alternativen Kommunikation kann sie Gebärdensprache einsetzen.

Kommentar der Mitarbeiterin:

"Usher bedeutet für mich, dass ich sehr schlecht sehen und hören kann. Ich habe einen sogenannten Tunnelblick, das heißt ich sehe an den Seiten und nach unten nichts. Außerdem bin ich fast farbenblind und nachtblind. Vielleicht bleibt es so, vielleicht werde ich auch ganz blind" – so die Mitarbeiterin.

Ausbildung und Beruf:

Die Frau ist im Unternehmen als Lagerarbeiterin in einer Filiale tätig und wurde dazu entsprechend angelernt.

Arbeitsplatz und Arbeitsorganisation:

Die Mitarbeiterin ist an ihrem Arbeitsplatz für das Entgegennehmen, Entpacken, Sortieren, Falten und Etikettieren der eingehenden Ware sowie das Auslegen der Ware im Verkaufsbereich zuständig.
Durch die zunehmenden Auswirkungen der Erkrankung traten mit der Zeit Konflikte zwischen der Mitarbeiterin und dem Kollegium auf, da sie die Einschränkungen nicht mehr ausreichend kompensieren konnte und auch nicht ihr Umfeld über die Erkrankung bzw. die Einschränkungen informiert hatte. Gekommen war es dazu beispielsweise durch:
  • Kartons, die plötzlich in ihrer Umgebung abgestellt und von ihr als Hindernis bzw. mögliche Stolperfallen nicht ausreichend wahrgenommen werden konnten,
  • eine verlangsamte Arbeitsweise, wegen der eingeschränkten optischen Wahrnehmung,
  • Ausgrenzung und Missverständnisses bei Gesprächen, wegen der Höreinschränkung.
Eine entsprechende Beratung brachte allen Beteiligten dann aber Aufschluss über die Auswirkungen der Behinderung am Arbeitsplatz. So konnte das Verhalten der Mitarbeiterin erklärt und auch das Kollegium Verständnis für das Verhalten entwickeln. Außerdem wurde zur Verbesserung der Kommunikation für bestimmte Situationen eine gebärdensprachdolmetschende Person hinzugezogen, die auch in Zukunft als Unterstützung der Kommunikation bei Bedarf mit einbezogen werden kann. Auch der Lagerbereich wurde für die Mitarbeiterin umgebaut und übersichtlicher gestaltet, sodass Stolperfallen und potenzielle Gefahren beseitigt wurden. Über einem Falttisch, an dem sie die Ware für den Verkaufsbereich vorbereitet, wurde eine große Arbeitsplatzlampe zur besseren Ausleuchtung eingesetzt – die Augenerkrankung und der damit erhöhte Beleuchtungsbedarf machten dies erforderlich. Die Ausleuchtung bzw. Beleuchtung erfolgt dabei so, dass eine Blendung vermieden wird.
Als spezielle Maßnahme zum Arbeitsschutz wurde ein Paging-System als Notfallalarm-/ Personennotrufsystem installiert, mit dem sie über einen Vibrationsmelder im Brandfall gewarnt oder vom Kollegium allgemein gerufen werden kann.

Eingesetzte Hilfsmittel:

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Hören
  • ERGOS - Sehen
  • ERGOS - Sprechen
  • IMBA - Arbeitssicherheit
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Gestik/Mimik
  • IMBA - Hören
  • IMBA - Lautabgabe/Sprechen
  • IMBA - Licht
  • IMBA - Sehen
  • IMBA - Vibration/Erschütterungen
  • MELBA - Sprechen

Referenznummer:

Pb/111183


Informationsstand: 30.11.2022