Praxisbeispiel
Baumaschinenführer nach einem Arbeitsunfall

Wo lag die Herausforderung?

Der Baumaschinenführer ist infolge eines Verkehrsunfalls auf dem Arbeitsweg querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Seine Mobilität sowie sein Greifraum sind eingeschränkt, er kann Bedienelemente wie Fußpedale nicht mehr betätigen und keine Treppen bzw. Stufen zum Besteigen eines Baufahrzeuges nutzen. Der Baumaschinenführer konnte deshalb seinen Beruf unter den technischen Gegebenheiten nicht mehr ausüben.

Was wurde gemacht?

Die wegen des Arbeitsunfalls zuständige Berufsgenossenschaft vermittelte einen Fahrzeug-Umrüster, der sich auf behinderungsgerechte Anpassungen spezialisiert hat. Das private Kfz und das Baufahrzeug bzw. der Radlader wurden von Fuß- auf Handbetrieb umgerüstet. Außerdem ermöglicht ein Sitzlift den Zugang zur Fahrerkabine und eine Rollstuhlverladehilfe, in Verbindung mit einer Halterung, das Mitführen des Rollstuhls am Radlader. Der Baumaschinenführer kann so im firmeneigenen Kieswerk weiterhin seine Tätigkeit selbstständig ausüben.

Schlagworte und weitere Informationen

Wegen des Unfalls auf dem Arbeitsweg förderte die Berufsgenossenschaft die erforderlichen Umbauarbeiten am privaten Wohnhaus, die Anpassungen für den privaten Pkw und den Radlader am Arbeitsplatz. Unterstützt wurde der Betroffene und das Unternehmen von einem Reha-Manager der Berufsgenossenschaft und einem auf Fahrzeugumrüstungen spezialisierten Unternehmen.
In REHADAT finden sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Berufsgenossenschaften, von fahrzeugumrüstenden Unternehmen und der Berufsförderungswerke zur beruflichen Qualifizierung.

Unternehmen:

Das mittelständische Unternehmen gehört zu einer Unternehmensgruppe mit den Bereichen Tief- und Straßenbau, Umwelttechnik, Kieswerk, Steinbruch und Schlackenverwertung.

Kommentar des Arbeitgebers:

Für den Inhaber ist es wichtig, das Potenzial erfahrener Fachkräfte mit Beeinträchtigungen zu nutzen - gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. So merke man keinen Unterschied zu nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen, wenn die Person im Radlader ist und ihn fährt. Es zähle eigentlich nur das Wollen, Können und Talent für die Arbeit - was für Beschäftigte eben wichtig ist, gerade im Umgang mit großen Baumaschinen. Man sei deshalb froh, dass der speziell betroffene Mitarbeiter wieder im Unternehmen tätig ist. Der Inhaber habe bewusst einen recht neuen Radlader für die barrierefreie Umrüstung gewählt, um eine möglichst lange Nutzungsdauer zu gewährleisten.

Behinderung und Beeinträchtigung des Mitarbeiters:

Der Mann ist seit einem Verkehrsunfall auf dem Arbeitsweg querschnittsgelähmt und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Seine Mobilität sowie sein Greifraum sind eingeschränkt, er kann Bedienelemente mit den Füßen wie Pedale nicht mehr betätigen und keine Treppen bzw. Stufen zum Besteigen eines Baufahrzeuges nutzen. Der GdB (Grad der Behinderung) beträgt 100. Der Schwerbehindertenausweis beinhaltet die Merkzeichen B, G, aG und H.
Nach dem Verkehrsunfall erfolgten mehrere Operationen im Krankenhaus und anschließend eine medizinische Rehabilitation, in der auch die Nutzung des Rollstuhls trainiert wurde. Bereits während des Krankenhausaufenthaltes wurde er durch einen Reha-Manager der Berufsgenossenschaft betreut - wie auch in den anschließenden Phasen der Rehabilitation.

Ausbildung und Beruf:

Der Mann ist Baumaschinenführer und arbeitete viele Jahre bei seinem Unternehmen. Zum Wiedereinstieg ins Arbeitsleben absolvierte er zunächst eine Qualifizierung als Fachkraft für Uhren und Schmuck in einem Berufsförderungswerk (BFW). Da dies auf Dauer nicht seinen eigentlichen Neigungen entsprach und er gerne wieder in seinem alten Beruf als Baumaschinenführer arbeiten wollte, stellte er eine entsprechende Anfrage bei seinem ehemaligen arbeitgebenden Unternehmen. Das Unternehmen war für die Anfrage offen, da der Mann eine gute Fachkraft ist und es wurde nach einer technischen Lösung gesucht. Der Reha-Manager unterstütze dieses Vorhaben durch Beratung und Vermittlung an einen Fachbetrieb für behinderungsgerechte Fahrzeugumrüstungen.

Arbeitsplatz und Arbeitsorganisation:

Um dem Baumaschinenführer die Rückkehr zu einer Tätigkeit im Unternehmen zu ermöglichen, wurde ein geeigneter Arbeitsplatz im Kieswerk ausgewählt und ein Radlader behinderungsgerecht angepasst. Die Versetzung war erforderlich, da ein Einsatz als Baumaschinenführer auf Baustellen aufgrund der sich ständig ändernden und nicht barrierefreien Gegebenheiten vor Ort nicht möglich war. Die Anpassung des Radladers wurde dadurch erleichtert, dass er bereits serienmäßig mit Joysticksteuerung, Automatikgetriebe und einer automatischen Türöffnung per Knopfdruck ausgestattet ist. Um dem Mitarbeiter den selbstständigen Einstieg in den Radlader bzw. dessen Fahrerkabine zu ermöglichen, wurde der Radlader mit einem elektromotorischen Sitzlifter für ihn und einer ebenfalls elektromotorischen Rollstuhlverladehilfe mit einem Seilzug an einem Schwenkarm ausgestattet. Zusätzlich wurde an der Außenseite des Fahrzeugs eine Halterung für den Rollstuhl angebracht, so dass dieser sicher am Radlader mitgeführt werden kann. Für die Bedienung von Gas und Bremse wurde ein zusätzliches Bedienelement bzw. ein Gas- und Bremsschieber am Joystick für die Lenkung angebracht und steuerungstechnisch in das Fahr- und Lenksystems des Radladers integriert. Der Baumaschinenführer kann so den Radlader bequem mit der linken Hand steuern. Die Steuerung von Gas und Bremse kann jederzeit auf Normalbetrieb umgestellt werden, so dass auch andere Beschäftigte im Vertretungsfall (z. B. Urlaub oder Krankheit) den Radlader wie gewohnt fahren können. Außerdem wurde der Radlader mit einer Standheizung ausgestattet - dies war eine weitere Forderung der Berufsgenossenschaft in Bezug auf die behinderungsbedingten Anpassungen.

Arbeitsumgebung - Mobilität:

Das Wohnhaus musste barrierefrei gestaltet werden. So wird beispielsweise der Zugang und das Verlassen über einen am Haus außen angebrachten Personenaufzug mit ausreichend großer Kabine sowie großen Türen und Bedienelementen im eingeschränkten Greifraum ermöglicht. Direkt in der Nähe ist der von Fuß- auf Handbetrieb umgerüstete Pkw mit Automatikgetriebe geparkt, mit dem der Arbeitsweg zurücklegt wird. Im Kieswerk sind auch einigermaßen mit dem Rollstuhl zu befahrende Wege, beispielsweise zum Erreichen des Radladers auf dem Stellplatz und barrierefreie Sanitäranlagen vorhanden.

Kommentar des Mitarbeiters:

Der Baumaschinenführer ist seinem Unternehmen sehr dankbar. Er findet, es sollte mehr Unternehmen geben, die Beschäftigten nach einem solchen Schicksalsschlag eine zweite Chance geben. Er ist froh wieder in seinem Beruf arbeiten zu können, denn er wollte von seiner Jugend an immer nur im Baubereich arbeiten - er liebe seinen Job.

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Referenznummer:

PB/111018


Informationsstand: 04.01.2022