Praxisbeispiel
Betriebliches Eingliederungsmanagement für einen Berufskraftfahrer

Wo lag die Herausforderung?

Der Mitarbeiter war zweimal je drei Wochen lang aufgrund von auftretenden Rückenproblemen krankgeschrieben worden. Für eine weitere Beschäftigung als Kraftfahrer im Unternehmen musste eine Lösung gefunden werden.

Was wurde gemacht?

Das Unternehmen leitete wegen der Ausfallzeiten ein gesetzlich vorgeschriebenes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ein, dem der Kraftfahrer zustimmte. Als Maßnahme zur Vermeidung der Belastungen bzw. Ausfallzeiten wurde ein ergonomischer Fahrersitz eingesetzt. Durch diesen Sitz kann der Kraftfahrer seine Tätigkeit wie gewohnt weiter ausüben und es traten keine weiteren Ausfallzeiten auf.

Schlagworte und weitere Informationen

Nachdem der Betriebsarzt den Einsatz des ergonomischen Fahrersitzes befürwortete, übernahm das Unternehmen im Rahmen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes die Kosten für den Fahrersitz.

Mitarbeiter

Der Kraftfahrer ist 51 Jahre alt und arbeitet seit 21 Jahren im Betrieb. Er ist in der Wäscherei tätig. Seine Aufgabe ist es der Kundschaft in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen in einem 30-Tonnen-Sattelschlepper mit Putztüchern zu beliefern. In 200-Liter-Fässern (TÜV-geprüft wegen Gefahrgut) beliefert er die Kundschaft in Industriebetrieben, Tankstellen usw. mit je zwei Behälter sauberen Tüchern und nimmt zwei Fässer mit schmutzigen Tüchern in den dafür vorgesehen Behältern wieder mit. Von einer Hebebühne aus werden diese mit einer Sackkarre vom LKW entladen.

Unternehmen

Der Arbeitgeber ist eine Großwäscherei / Industriebetrieb mit 360 Beschäftigten. Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Umweltschutz spielen sowohl in der Firmenphilosophie als auch im Leitbild des Unternehmens eine große Rolle und wird auch gelebt. Im Betrieb ist eine Interessenvertretung vorhanden (Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung) und das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist eingeführt.

Fallschilderung

Der Kraftfahrer war zweimal je drei Wochen erkrankt. Er wird zu einem BEM-Gespräch eingeladen, dem er zustimmt.

BEM-Gespräch

Am Gespräch nehmen der Inklusionsbeauftragte des Unternehmens, der Betriebsrat und der Kraftfahrer teil.

Gesprächsverlauf:

Nach einer freundlichen Begrüßung werden die Modalitäten des BEM erklärt und die Krankenzeiten betrachtet. Auffällig ist, dass der Kraftfahrer zehn Jahre lang keine Krankentage hatte und nun in kurzer Zeit die sechs Wochen erreicht hat.
Er wird gefragt, ob seine Erkrankung etwas mit der Arbeit zu tun hat. Er glaube ja, antwortet er zögernd. Nun schildert er, dass er Rückenprobleme habe. Man kennt den Kraftfahrer als einen begeisterten Fahrer, der nichts mehr liebt als mit seinem Sattelschlepper unterwegs zu sein. Jetzt sitzt er resigniert da. Auf die Frage, was er sich als Hilfe vorstellen könne, erzählt er: „Ich habe darüber mit meinem behandelnden Orthopäden bereits gesprochen. Dieser sieht das nicht so tragisch und meint, ich soll mich um einen rückengerechten Fahrersitz mit Heizung, Lendenstütze, luftdruckgefedert, mit zwei Armlehnen und integrierter Kopfstütze kümmern. Dann kann ich ohne Probleme weiterfahren. Eine andere Arbeit kann ich mir nicht vorstellen.“
Das sieht auch das BEM-Team so. Keiner kann sich vorstellen, dass der Berufskraftfahrer etwas anderes machen will als fahren. Der Betriebsrat schlägt vor, wenn es nur der Fahrersitz ist, wovon es abhängt, ob er weiter als LKW-Fahrer tätig sein kann, soll ein Antrag beim Rehabilitationsträger gestellt werden.
Damit ist Vorgesetzte nicht einverstanden. Er erläutert, dass es Aufgabe des Unternehmens sei, die Bedingungen zu schaffen, dass der Mitarbeiter weiter als LKW-Fahrer arbeiten kann. Er schätzt den Kraftfahrer als erfahrenen und stets einsatzfreudigen Mitarbeiter und wünscht sich, dass er bis zum Rentenalter seine Fahrertätigkeit ausüben kann. Wenn er dazu diesen Sitz benötige, so werde der LKW mit diesem Sitz bestellt, dafür werde er sich einsetzen. Das war eine Auffassung, die alle BEM-Beteiligten mit Freude hörten. Hatte man sich im Betrieb den Arbeit- und Gesundheitsschutz zwar auf die Fahnen geschrieben, war man jetzt aber über die Selbstverständlichkeit erstaunt.
Der Vorgesetzte bittet den Kraftfahrer den Betriebsarzt aufzusuchen. Wenn dieser den Sitz befürwortet und eine schriftliche Stellungnahme vorlegt, gäbe es keine Probleme.

Wünsche und Vorstellungen

Der Kraftfahrer hätte gerne für seinen Sattelschlepper einen rückengerechten Fahrersitz mit Heizung, Lendenstütze, luftdruckgefedert, mit zwei Armlehnen und integrierter Kopfstütze.

Maßnahme

Anschaffung eines ergonomischen Fahrersitzes.

Umsetzung der Maßnahme

Der Kraftfahrer geht zum Betriebsarzt. Dieser befürwortete den ergonomischen Fahrersitz, um zukünftig Krankenzeiten zu verhindern.

Abschluss

Das Unternehmen schafft einen neuen Sattelschlepper mit ergonomischem Fahrersitz für den Kraftfahrer an. Diese Maßnahme wird um zwei Jahre vorgezogen, denn die Firma wollte erst zwei Jahre später den Sattelschlepper erneuern.

Fazit

Hier hat das Unternehmen seine Fürsorgepflicht ernst genommen. Ein erfahrener Mitarbeiter bleibt weiter im Betrieb. Krankenzeiten traten keine mehr auf.

Zusatzinformation

In diesem Unternehmen funktioniert das Arbeits- und Gesundheitsschutzsystem.

Quelle

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
  • EFL - Sitzen (längeres/vorgeneigt/Rotation)
  • ELA - Sitzen
  • ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
  • ERGOS - Sitzen
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)
  • IMBA - Sitzen
  • IMBA - Vibration/Erschütterungen

Referenznummer:

Pb/110873


Informationsstand: 01.09.2022