Praxisbeispiel
Betreuungskraft im Projekt Sehbehinderung in einem Altenzentrum

Wo lag die Herausforderung?

Die Frau erblindete und konnte nicht mehr in ihrem alten Beruf arbeiten. Sie benötigte Unterstützung und Hilfsmittel, um sich mit ihren Beeinträchtigungen im privaten und beruflichen Bereich zurechtzufinden.

Was wurde gemacht?

Sie nahm an einem Vorbereitungslehrgang in einem Berufsförderungswerk (BFW) Teil, zu dem u. a. eine Blindentechnische Grundausbildung sowie ein Orientierungs- und Mobilitätstraining gehörten. Im Anschluss daran erfolgte eine Umschulung zur Telefonistin im BFW, nach deren Abschluss sie keine Anstellung in diesem Bereich fand. Durch eigene Bemühungen fand Sie dann eine Praktikumsstelle bei einem Projekt zur Betreuung von Menschen mit Sehbehinderungen in einem Altenzentrum. Nach dem Praktikum wurde sie dort fest als Hilfskraft eingestellt. Für ihre Verwaltungsaufgaben und die zur Betreuung benötigten schriftlichen Materialien wurde ein neuer Bildschirmarbeitsplatz in einem Büro mit einer Braillezeile und Screenreader ausgestattet.

Schlagworte und weitere Informationen

Die übliche Ausstattung des Büros mit Möbeln für den neu geschaffenen Arbeitsplatz wurde von der örtlichen Fachstelle für Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben aus Mitteln der Ausgleichabgabe gefördert, die so nur in einigen Bundesländern existiert und im Auftrag des Integrations- beziehungsweise Inklusionsamtes tätig ist.
Die Arbeitsagentur zahlte den Vorbereitungslehrgang und die Umschulung im Berufsförderungswerk, die behinderungsbedingten Hilfsmittel und einen Eingliederungszuschuss als Lohnkostenzuschuss an das Altenzentrum.
Die Beratung in Bezug auf die Hilfsmittel und Förderung erfolgte durch den Integrationsfachdienst für blinde und sehbehinderte Menschen.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Arbeitsagenturen, der Fachstellen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben und von Integrationsfachdiensten.

Unternehmen:

Es handelt sich um ein Altenzentrum eines kirchlichen Trägers in einem größeren Ort. Im Altenzentrum mit seinen Einzel- und Doppelzimmern sowie seiner Kurzzeitpflege werden bis zu 113 ältere Personen betreut und gepflegt. Zu den Personen gehören auch Menschen mit Sehbehinderungen bzw. einer hochgradigen Sehbehinderung und Blindheit. Speziell für diesen Personenkreis wurde zur gezielteren Unterstützung ein Projekt mit entsprechenden Angeboten ins Leben gerufen, das zum Sozialbegleitenden Dienst des Altenzentrums gehört. Zur Mitarbeit innerhalb des Projektes wurde eine Frau mit Schwerbehinderung eingestellt.

Kommentar der Leiterin des Sozialbegleitenden Dienstes:

„Sie hat eine außergewöhnliche Auffassungsgabe. Auch ihre einfühlsame Art, wie sie mit den Menschen hier im Haus umgeht, finde ich sehr beeindruckend. Sie ist eine Bereicherung – auf jeden Fall.“

Behinderung und Beeinträchtigung der Mitarbeiterin:

Die Frau erblindere erst im späteren Alter. Behinderungsbedingt müssen für sie optische Informationen und Hinweise so angeboten oder aufbereitet werden, dass sie von ihr akustisch oder taktil wahrgenommen werden können. Außerdem ist ihre Orientierung eigeschränkt. Sie benötigt deshalb beispielsweise einen Langstock als Hilfsmittel zur Orientierung.

Ausbildung und Beruf:

Die Frau arbeitet früher im Ausland als Chemietechnikerin. In Deutschland kam es dann aufgrund einer Erkrankung zur Erblindung und sie konnte nicht mehr in ihrem beruflichen Bereich tätig sein. Sie absolvierte deshalb zunächst einen Vorbereitungslehrgang zur Grundrehabilitation in einem Berufsförderungswerk (BFW) für Menschen mit einer Sehbehinderung oder Blindheit – zu dem auch eine Blindentechnische Grundausbildung (BTG) gehörte. Im Vorbereitungskurs wurden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, um ihre Selbstständigkeit im privaten und beruflichen Leben sowie ihre Mobilität zu unterstützen. Inhalte des Vorbereitungslehrgangs waren:
  • das Lesen und Schreiben der Blindenschrift,
  • das Nutzen des Computers mit Hilfsmitteln,
  • die Verbesserung von Kenntnissen der deutschen Sprache,
  • eine Orientierungs- und Mobilitätsschulung sowie
  • das Erlernen lebenspraktischer Fertigkeiten.
Nach dem Vorbereitungslehrgang wechselte sie dann in eine weitere Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation bzw. eine zwölfmonatige Umschulung zur Telefonistin im BFW. An deren Ende sie die Prüfung bei der Kammer erfolgreich bestand. Nach der Umschulung konnte die Frau trotz zahlreicher Bewerbungen und des zur Reha-Maßnahme gehörenden Praktikums keinen Arbeitsplatz finden. Über persönliche Kontakte erhielt sie später eine dreimonatige Praktikumsstelle beim Sozialbegleitenden Dienst des Altenzentrums. Die Frau wurde im Anschluss an das Praktikum fest vom Altenzentrum eingestellt und arbeitet nun als Hilfskraft im Sozialbegleitenden Dienst innerhalb des dortigen Projektes Sehbehinderung.

Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe:

Die Hilfskraft wird hauptsächlich in der Einzelbetreuung der Bewohnerinnen und Bewohner des Altenzentrums eingesetzt. Zur Vorbereitung von Materialien, wie beispielsweise Fragen und Antworten zum Gedächtnistraining sowie mit der Betreuung zusammenhängenden Verwaltungsarbeiten, steht ihr ein Büro mit einem PC und Drucker sowie ein Diktiergerät für Sprachnotizen zur Verfügung. Den PC bedient sie dabei über die Braillezeile in Verbindung mit einem sogenannten Screenreader (Bild 1), der es ihr ermöglicht die eigentlichen optischen Bildschirminhalte taktil über die Braillezeile in Blindenschrift oder akustisch über die Sprache, z. B. mittels Kopfhörer, ausgeben zu lassen. Nachdem die Hilfsmittel für die Bildschirmarbeit angeschafft worden waren, erfolgte zuerst einmal eine intensivere Schulung durch das anbietende und vertreibende Unternehmen vor Ort im Büro der Mitarbeiterin.
Zum Transport der von ihr erstellten Materialien oder der zur Betreuung eingesetzten Spiele, Lernhilfen für das Erlenen von Braille und einem Abspielgerät für Musik zum gemeinsamen Singen nutzt sie einen Trolley (Bild 2). Den Trolley kann sie ohne Hilfe zum Einsatzort rollen, da ihr die Wege im Gebäude gut bekannt sind und sie sich diese entsprechend Schritt für Schritt eingeprägt hat.
Im Rahmen des Projektes Sehbehinderung des Altenzentrums liegt ein Schwerpunkt auf dem Erlernen der Brailleschrift und der entsprechend dazu verwendender Hilfsmittel für die zu betreuenden Personen sowie der Vermittlung von Strategien und Abläufen zur Bewältigung des Alltags. Die Hilfskraft führt dazu Tast- und Leseübungen durch und gibt entsprechende Tipps (Bild 3).

Arbeitsumgebung – Mobilität:

Um die Wege allein zurücklegen, benutzt sie einen Langstock zur Orientierung (Bild 4). Das Zurücklegen der Wege vor Ort im Gebäude und ihr Arbeitsweg zum Altenzentrum wurden zu Beginn im Rahmen eines weiteren Mobilitätstrainings geschult.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Sehen
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Sehen

Referenznummer:

PB/111273


Informationsstand: 24.07.2024