Praxisbeispiel
Fortbildung zum Logistikmeister mit Unterstützung durch Kommunikationshilfen und Prüfungsanpassung

Wo lag die Herausforderung?

Der Fachlagerist hat eine an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit und kann nur noch mit Hörgeräten Geräusche und Sprache in bestimmten Frequenzbereichen schwach wahrnehmen. Zur Kommunikation über die Lautsprache muss er deshalb ergänzend von den Lippen ablesen.
Er nahm an einer Fortbildung zum Logistikmeister teil und konnte dort sprachlich dem Unterricht nicht mehr folgen. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass er Probleme bei der mündlichen und schriftlichen Prüfung haben könnte. Behinderungsbedingt mussten deshalb Anpassungen vorgenommen werden.

Was wurde gemacht?

Für den Unterricht wurde eine UKW-Übertragungsanlage eingesetzt, die das Gesprochene über Mikrofone direkt ohne Störgeräusche an die Empfänger der Hörgeräte überträgt. Des Weiteren wurde eine gebärdensprachdolmetschende Person im Unterricht und bei der Prüfung eingesetzt. Die Prüfungsfragen wurden von einem Institut für Textoptimierung für Menschen mit Gehörlosigkeit in eine für sie verständliche Sprache umformuliert. Nach der bestandenen Prüfung leitet der Meister ein Team im Lager und nutzt dabei seine Kommunikationsmethode und -hilfen.

Die UKW-Übertragungsanlage wurde vom Integrations- bzw. Inklusionsamt gefördert, das auch die behinderungsbedingten Mehrkosten der Fortbildung und die Förderung der gebärdensprachdolmetschenden Person übernahm. Die Beratung zur behinderungsgerechten Gestaltung erfolgte durch den Technischen Beratungsdienst des Integrations- bzw. Inklusionsamtes.
Die Kosten für die sprachliche Anpassung der Prüfungsfragen wurden von der zuständigen Kammer getragen, da sie der Auffassung war, dass sie als Prüfungsinstanz für die Chancengleichheit in Bezug auf das berufliche Fortkommen verantwortlich ist.
Die Kosten für die Versorgung mit digitalen Hörgeräten wurden im Rahmen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung mit den entsprechenden Standardsätzen gefördert.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Fachberatungen für Inklusion der Kammern und der Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter.

Unternehmen:

Es handelt sich um einen Autokonzern, zu dem auch ein Unternehmen für Logistik, Vertrieb und Service für Originalersatzteile mit sieben Standorten und rund 2.500 Beschäftigten gehört. Dabei bilden im Unternehmen die sogenannten Original Teile Center (OTC) die Logistikzentren zur Ersatzteilversorgung der Kundschaft bzw. Handelsunternehmen und Werkstätten. Im OTC arbeiten auch Menschen mit Behinderungen.

Behinderung und Beeinträchtigung des Mitarbeiters:

Der Mann hat seit seiner Geburt eine an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit und kann nur noch mit Hörhilfen Geräusche und Sprache in bestimmten Frequenzbereichen schwach wahrnehmen. Er ist deshalb schwerbehindert, mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Zur Verständigung müssen sich ihm die Gesprächsteilnehmenden so zuwenden, dass er das Gesagte unterstützend von den Lippen ablesen kann. Er selbst kann sich auch lautsprachlich verständigen, wobei seine Sprache manchmal undeutlich ist. Alternativ kann er mit anderen Personen, die die Gebärdensprache verstehen, in Gebärdensprache kommunizieren.

Ausbildung und Beruf:

Der Mitarbeiter ist Fachlagerist und qualifizierte sich über die Meisterschule zum geprüften Logistikmeister und Ausbilder in diesem Bereich weiter. Zur Vorbereitung auf die Prüfung absolvierte er die Meisterschule und besuchte in dieser Zeit dort den Unterricht zusammen mit anderen hörenden Teilnehmenden. Die vom Lehrpersonal vermittelten Inhalte sowie die Wortmeldungen und Beiträge der anderen Teilnehmenden konnte er mit Hilfe einer UKW-Übertragungsanlage in Verbindung mit dem Ablesen der Lippen verstehen. Die UKW-Übertragungsanlage diente dabei zur Übertragung des Gesprochenen vom Mikrofon an der Quelle bzw. vom Tisch der Teilnehmendengruppe und direkt vom Lehrer ohne Störgeräusche direkt zur Verstärkung an die Empfänger der Hörgeräte. Mit zunehmendem Verlauf der Meisterschule und der damit verbundenen Komplexität der Lerninhalte und Fachsprache konnte der Mitarbeiter dem Unterricht vom akustischen Verstehen immer schlechter folgen. Aus diesem Grund wurde für ihn in dieser Phase eine gebärdensprachdolmetschende Person zur Übersetzung hinzugezogen.

Prüfungsmodifikation:

Als behinderungsbedingter Nachteilsausgleich wurde dem Mitarbeiter mehr Zeit zur Bearbeitung der Prüfungsfragen eingeräumt. Bedingt durch seine an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit lernte er bereits in seiner Kindheit die Gebärdensprache, die sich grammatikalisch aber von der üblichen Lautsprache unterscheidet. Deshalb kann es bei bestimmten längeren schriftlichen Texten evtl. zu Missverständnissen kommen. Aus diesem Grund ließ die zuständige Kammer die Prüfungsfragen von einem Institut für Textoptimierung für Menschen mit Gehörlosigkeit in verständliche Sprache umformulieren. Beim mündlichen Teil der Prüfung unterstützte eine gebärdensprachdolmetschende Person den Mitarbeiter.

Arbeitsplatz und Arbeitsorganisation:

Der Meister arbeitet im Logistikbereich in einer großen Lagerhalle, wo die eingehenden Ersatzteile von seinem Team computerunterstützt eingelagert und anschließend nach Auftrag durch die Kundschaft ausgelagert und zum Versand vorbereitet werden.
Nach seiner bestandenen Meisterprüfung leitet er als Führungskraft die Auftragssteuerung mit seinem Team in der Lagerhalle. Auch hier wird seine mündliche Kommunikation durch das Ablesen der Lippen in Verbindung mit den Hörgeräten unterstützt. Wichtig ist dabei, dass die Lippen der Person oder Personen gut zu erkennen sind und sie nicht zu schnell und deutlich sprechen. Deutliches Sprechen unterstützt dabei eine deutlichere Mund- bzw. Lippenstellung. Für Besprechungen in Räumen setzt er zusätzlich seine UKW-Übertragungsanlage ein.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte
Schallübertragungssysteme für Hörhilfen

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Hören
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Gestik/Mimik
  • IMBA - Hören
  • IMBA - Schall/Lärm

Referenznummer:

Pb/111300


Informationsstand: 05.05.2025