Praxisbeispiel
Wo lag die Herausforderung?
Nach einer längeren Erkrankung durch eine Bronchitis und einer sich entwickelten Antibiotikaallergie, kam es bei der Krankenschwester zu einer Antriebsarmut und sie wurde psychisch krank. Sie wurde psychisch krank, da sie die Arbeit auf der Intensivstation mit schwerkranken Patientinnen bzw. Patienten und dem Tod nicht weiter bewältigen konnte. Es folgten Aufenthalte in einer Psychiatrie und Tageskliniken. Da sie aufgrund der langen Krankheit kein Krankengeld mehr bekam und auch die Agentur für Arbeit – wegen der vermutet vorliegenden Erwerbsunfähigkeit – kein Arbeitslosengeld mehr zahlte, wurde ihr geraten einen Rentenantrag zu stellen. Der Rentenantrag wurde aber abgelehnt.
Was wurde gemacht?
Die Krankenschwester nahm Kontakt zu einer externen Disability Managerin auf, die Unternehmen und Betroffene während des BEM berät und begleitet. Im Rahmen des BEM wurde gemeinsam mit dem Unternehmen nach anderen Einsatzmöglichkeiten gesucht. Die Krankenschwester nahm daraufhin an einer Fortbildung in einem Beruflichen Trainingszentren (BTZ) für Menschen mit einer psychischen Erkrankung teil. Im Anschluss daran begann sie eine Tätigkeit in der Projektentwicklung und im Qualitätsmanagement bei ihrem alten Unternehmen auf.
Schlagworte und weitere Informationen
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) erfolgte mit Hilfe einer externen Disability Managerin. Die Fortbildung im Rahmen der beruflichen Rehabilitation wurde von der Rentenversicherung gefördert, da eine Wartezeit von 15 Jahren erfüllt war. Die Rentenversicherung zahlte der Betroffenen außerdem ein Übergangsgeld während der beruflichen Reha.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefonnummern der Rentenversicherung.
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Mitarbeiter
Die 38-jährige Krankenschwester arbeitet seit 18 Jahren als Krankenschwester beim Unternehmen. Sie arbeitet mit 38,5 Wochenstunden auf der Intensivstation. Mit drei weiteren Kolleginnen und Kollegen wird im Wechseldienst, Früh-, Mittag- und Nachtdienst, gearbeitet. Es gibt 15 Intensivbetten für die Pflege und den Umgang mit schwerkranken Patientinnen und Patienten, mit allen Intensivtechniken, wie Beatmung, Drainagen, zentralem Venenkatheter, Assistenz-Reanimation.
Unternehmen
Das Unternehmen betreibt Krankenhäuser mit 5.600 Beschäftigten. Im betreffenden Krankenhaus ist eine Interessenvertretung (Schwerbehindertenvertretung) vorhanden und es wurde ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) eingeführt.
Fallschilderung
Die Krankenschwester hatte sehr selten Fehlzeiten. Sie erkrankte mit einer Bronchitis, in deren Verlauf sich eine Antibiotikaallergie entwickelte. Sie glaubte bald wieder arbeiten zu können. Jedoch stellte die Krankenschwester plötzlich eine Antriebsarmut fest. Sie war weder in der Lage aufzustehen noch wusste sie, wie sie den Tag verbracht hatte. Sie ging zu ihrem Hausarzt. Dort hatte sie einen schweren Nervenzusammenbruch. Direkt aus der Praxis wurde sie für drei Monate in die Psychiatrie eingeliefert. In einer Therapie wurde die Ursache des Zusammenbruchs aufgearbeitet. Die Krankenschwester konnte die Arbeit mit schwerkranken Patientinnen sowie Patienten und Tod psychisch nicht mehr bewältigen. Sie war außer Stande ein Krankenhaus zu betreten. Nach der Psychiatrie schlossen sich Aufenthalte in Tageskliniken an. Eine Besserung war nicht in Sicht. Das Krankengeld endete, und sie wurde von der Krankenkasse ausgesteuert. Die Agentur für Arbeit zahlte für ein Jahr Arbeitslosengeld und forderte sie auf, einen Rentenantrag zu stellen. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, die Krankenschwester sei noch in der Lage vollschichtig ihre Arbeit als Krankenschwester auszuüben.
Die Krankenschwester holte sich Rat bei der Disability Managerin (einer Fallmanagerin). Sie konnte nicht alleine zum Termin kommen und brachte ihren Mann mit. Reden war ihr nicht möglich, da sie ständig weinen musste. Ihr Ehemann erzählte, dass seit Eingang des Briefes mit der Rentenablehnung es seiner Frau wieder sehr schlecht ginge. Eine Perspektive sieht die Krankenschwester für sich nicht. Das Leben ist für sie sinnlos geworden. Nachdem sich die Krankenschwester beruhigt hat, wird sie gefragt, was ihr denn an ihrer Arbeit im Krankenhaus Spaß gemacht hatte. Sie konnte nichts nennen.
Ihr Mann begann für sie zu erzählen: „Meine Frau konzipierte gerne Seminare und führte diese auch als Dozentin mit großem Erfolg durch.“ Da zeigt sich auf dem Gesicht der Krankenschwester ein Lächeln und sie sagt: „Ja, das hat mir Spaß gemacht. Darin war ich wirklich gut.“
Die Fallmanagerin spricht die Möglichkeit einer beruflichen Rehabilitation an, da die Krankenschwester nicht in Rente gehen will. Sie wird darauf hingewiesen, dass im Beruflichen Trainingszentrum einmal im Monat eine Informationsveranstaltung stattfindet. Wenn sie Interesse hätte, könnte sie sich dort doch mal über das Angebot informieren.
Einige Zeit später berichtet der Mann der Krankenschwester in einem Telefonat, dass seine Frau im beruflichen Trainingszentrum gewesen ist und über die Möglichkeiten begeistert ist. „Seitdem sie dort gewesen ist, geht es ihr viel besser und sie sieht für sich wieder eine berufliche Perspektive.“
Die Krankenschwester stellt einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Antrag wird vom Rententräger abgelehnt.
Die Fallmanagerin empfiehlt das arbeitgebende Unternehmen, das Krankenhaus, um ein BEM-Gespräch zu bitten und gleichzeitig mit dem Betriebsarzt einen Termin zu machen. Da die Krankenschwester inzwischen die Anerkennung einer Schwerbehinderung hat, soll sie auch bei der Schwerbehindertenvertretung Hilfe suchen.
Die Krankenschwester holte sich Rat bei der Disability Managerin (einer Fallmanagerin). Sie konnte nicht alleine zum Termin kommen und brachte ihren Mann mit. Reden war ihr nicht möglich, da sie ständig weinen musste. Ihr Ehemann erzählte, dass seit Eingang des Briefes mit der Rentenablehnung es seiner Frau wieder sehr schlecht ginge. Eine Perspektive sieht die Krankenschwester für sich nicht. Das Leben ist für sie sinnlos geworden. Nachdem sich die Krankenschwester beruhigt hat, wird sie gefragt, was ihr denn an ihrer Arbeit im Krankenhaus Spaß gemacht hatte. Sie konnte nichts nennen.
Ihr Mann begann für sie zu erzählen: „Meine Frau konzipierte gerne Seminare und führte diese auch als Dozentin mit großem Erfolg durch.“ Da zeigt sich auf dem Gesicht der Krankenschwester ein Lächeln und sie sagt: „Ja, das hat mir Spaß gemacht. Darin war ich wirklich gut.“
Die Fallmanagerin spricht die Möglichkeit einer beruflichen Rehabilitation an, da die Krankenschwester nicht in Rente gehen will. Sie wird darauf hingewiesen, dass im Beruflichen Trainingszentrum einmal im Monat eine Informationsveranstaltung stattfindet. Wenn sie Interesse hätte, könnte sie sich dort doch mal über das Angebot informieren.
Einige Zeit später berichtet der Mann der Krankenschwester in einem Telefonat, dass seine Frau im beruflichen Trainingszentrum gewesen ist und über die Möglichkeiten begeistert ist. „Seitdem sie dort gewesen ist, geht es ihr viel besser und sie sieht für sich wieder eine berufliche Perspektive.“
Die Krankenschwester stellt einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Antrag wird vom Rententräger abgelehnt.
Die Fallmanagerin empfiehlt das arbeitgebende Unternehmen, das Krankenhaus, um ein BEM-Gespräch zu bitten und gleichzeitig mit dem Betriebsarzt einen Termin zu machen. Da die Krankenschwester inzwischen die Anerkennung einer Schwerbehinderung hat, soll sie auch bei der Schwerbehindertenvertretung Hilfe suchen.
BEM-Gespräch
Am Gespräch sind der Inklusionsbeauftragte des Unternehmens, der Betriebsarzt, Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat beteiligt.
Gesprächsverlauf:
Die Krankenschwester schildert den bisherigen Verlauf ihrer Erkrankung. Das BEM-Team sieht prinzipiell die Möglichkeit, dass die Krankenschwester, wenn sie sich stabilisiert hat, eine andere Tätigkeit im Krankenhaus übernehmen kann. Die Krankenschwester berichtet vom Beruflichen Trainingszentrum: „Dort ist ein Training für Projektentwicklung oder Qualitätsmanagement möglich. Ein Training dauert 13 Monate.“ Die Krankenschwester weiß, wenn der Rententräger zustimmt, wird für die berufliche Rehabilitation Übergangsgeld gezahlt.
Wünsche und Vorstellungen
Ein Training für Projektentwicklung oder Qualitätsmanagement, um weiter im Krankenhaus auf einer entsprechenden Stelle arbeiten zu können. Vom Rententräger Übergangsgeld bekommen.
Maßnahme
Eine berufliche Rehabilitation.
Umsetzung der Maßnahme
Die Krankenschwester wird beim Widerspruch an den Rententräger unterstützt. Diese Aufgabe übernimmt die Schwerbehindertenvertretung. Der Betriebsarzt fügt eine Stellungnahme aus arbeitsmedizinischer Sicht bei, dass die Krankenschwester auf keinen Fall mehr mit Patientinnen und Patienten arbeiten kann.
Abschluss
Zwei Monate nach dem Widerspruch bekommt die Krankenschwester die Bewilligung zur beruflichen Rehabilitation. Sie erhält während der Zeit der Fortbildung Übergangsgeld vom Rententräger.
Fazit
Auch wenn ein BEM im Betrieb gut eingeführt ist, kommt es vor, dass einzelne Betroffene, wie Langzeiterkrankte, herausfallen können. Suchen sich die Betroffenen Hilfe, und bekommen sie kompetente Unterstützung, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich ein erfolgreicher Weg für sie findet. Erfolgt das BEM-Verfahren erst zu einem späten Zeitpunkt, haben Betroffene oft schon einen langen Leidensweg mit finanziellen Einbußen hinter sich. Ein BEM-Verfahren zu einem frühen Zeitpunkt kann Betroffene diesen Leidensweg ersparen.
Zusatzinformation
Ziel des beruflichen Trainings in Beruflichen Trainingszentren (BTZ) ist die berufliche Rehabilitation von Menschen, die nach einer psychischen Erkrankung wieder eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anstreben. Dazu werden spezielle Trainings- und Eingliederungsmaßnahmen in den BTZ angeboten.
Ziel der in den beruflichen Trainingszentren durchgeführten Maßnahmen ist
Träger einer Rehabilitationsmaßnahme im Berufstrainingszentrum ist in der Regel die Agentur für Arbeit oder die Rentenversicherung. In jedem Fall muss ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt werden.
Ziel der in den beruflichen Trainingszentren durchgeführten Maßnahmen ist
- die Abklärung realistischer beruflicher Perspektiven,
- die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder
- die Stabilisierung im Vorfeld einer Umschulung oder Ausbildung.
- die berufliche Anpassungsqualifizierung, eine zwölf- bis fünfzehnmonatige Trainingsmaßnahme, in deren Rahmen bereits erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten reaktiviert und der Entwicklung der Anforderungen in der Arbeitswelt angepasst werden;
- Feststellungsmaßnahmen mit maximal dreimonatiger Dauer zur Abklärung einzelner Fragen wie zum Beispiel Belastbarkeit, Lernfähigkeit mit Hospitation und Praktikum bei individuellem Bedarf;
- Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und -orientierung von bis zu zwölf Monaten als Bestandteil von Förderlehrgängen mit Hospitation oder Praktikum, und bei einigen Einrichtungen auch
- Maßnahmen zur Berufsfindung und Arbeitserprobung mit externen Praktika mit einer Dauer von sechs Wochen bis zu drei Monaten.
Träger einer Rehabilitationsmaßnahme im Berufstrainingszentrum ist in der Regel die Agentur für Arbeit oder die Rentenversicherung. In jedem Fall muss ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt werden.
Quelle
Dies ist ein Praxisbeispiel aus dem Buch: BEM – Wiedereingliederung in kleinen und mittleren Betrieben von Edeltrud Habib – herausgegeben vom Bund-Verlag.
Schlagworte
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- Teilhabe am Arbeitsleben |
- Therapie |
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- Versetzung |
- Vertretung Arbeitgebende |
- Vollzeitarbeit
Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung
- EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
- ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
- IMBA - Arbeitszeit
- IMBA - Ausdauer (psychisch)
- IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)
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- IMBA - Verantwortung
- MELBA - Ausdauer (psychisch)
- MELBA - Umstellung
- MELBA - Verantwortung
Referenznummer:
Pb/110893
Informationsstand: 27.10.2022