Praxisbeispiel
REHADAT-Wissen chronisch-entzündliche Darmerkrankung – Interview "Bei chronischen Erkrankungen ist Kommunikation der Schlüssel zur Inklusion"

Kurzbeschreibung:

Ein Interview von REHADAT mit der Abteilungsleiterin Stephanie Albrecht und der CED-betroffenen Mitarbeiterin Nadine Reiche von der eventteam Veranstaltungsservice und -management GmbH im Rahmen von REHADAT-Wissen – Ausgabe chronisch-entzündliche Darmerkrankung.

Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
  • Standpunkt des Unternehmens allgemein zum Thema Inklusion
  • Bekanntheit der Diagnose CED zum Zeitpunkt der Einstellung der betroffenen Mitarbeiterin oder erst danach
  • Offene Kommunikation des Krankheitsbildes gegenüber der Geschäftsleitung und den Kolleginnen und Kollegen
  • Wichtigkeit für die betroffene Mitarbeiterin die Erkrankung von vorherein zu kommunizieren
  • Auswirkung der Erkrankung im Vergleich zu den anderen Beschäftigten auf die Tätigkeit
  • Spezielle technische Anpassungen oder Hilfsmittel, die vom Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden
  • Ergreifung weiterer Maßnahmen wie das Betriebliche Eingliederungsmanagement oder die stufenweise Wiedereingliederung
  • Inanspruchnahme von Fördermitteln oder Leistungen
  • Empfehlung an andere Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie betroffene Beschäftigte, um berufliche Inklusion zu ermöglichen
Das gesamte Gespräch finden Sie unter dem Reiter bzw. Tabulator Interview.

Schlagworte und weitere Informationen

Ein Interview von REHADAT mit Stephanie Albrecht und Nadine Reiche von der eventteam Veranstaltungsservice und -management GmbH im Rahmen von REHADAT-Wissen – Ausgabe chronisch-entzündliche Darmerkrankung.

Zu den Personen:

Stephanie Albrecht ist Abteilungsleiterin bei der eventteam Veranstaltungsservice und -management GmbH. Nadine Reiche, CED-Betroffene und Mitglied im Team des Vereins Chronisch Glücklich e. V., ist eine ihrer Mitarbeiterinnen. Beide Frauen sind neben ihrer Verwaltungstätigkeit am Hamburger Standort für das Thema Arbeitsschutz im Unternehmen verantwortlich.

REHADAT:

Wie steht Ihr Unternehmen im Allgemeinen zum Thema Inklusion?

Stephanie Albrecht:

Wir haben kein explizites Konzept oder gar einen Maßnahmenkatalog mit Bezug auf Inklusion. Grundsätzlich stehen wir dem Thema offen gegenüber und bemühen uns, individuelle Lösungen zu finden, beispielsweise wenn sich jemand bei uns bewirbt oder das Thema im Arbeitskontext aufkommt. Wir haben durchaus Berührungspunkte mit Inklusion, zum Beispiel bei der Betreuung von Veranstaltungen, wo wir sicherstellen, dass Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Sehbehinderungen die Veranstaltungen besuchen können. Es besteht also ständiger Kontakt zu diesem Thema.

REHADAT:

War Ihrem Unternehmen die Diagnose CED bereits zum Zeitpunkt der Einstellung von Frau Reiche bekannt oder haben Sie erst im Laufe der Zeit davon erfahren?

Stephanie Albrecht:

Ja, die Diagnose war uns von Anfang an bekannt.

REHADAT:

Wurde das Krankheitsbild auch offen gegenüber der Geschäftsleitung und den Kolleginnen und Kollegen kommuniziert?

Stephanie Albrecht:

Gegenüber der Geschäftsleitung spreche ich offen, aber nicht als Argument für spezielle Maßnahmen. Falls wir in Zukunft etwas anschaffen wollten, um den Bedürfnissen gerecht zu werden, würden wir das entsprechend kommunizieren. Gegenüber Kolleginnen und Kollegen würde ich es nicht erwähnen, sondern dies den Betroffenen überlassen.

REHADAT:

Und aus Ihrer Sicht, Frau Reiche, war es Ihnen von vornherein wichtig, Ihre Erkrankung offen zu kommunizieren?

Nadine Reiche:

Ja definitiv! Ich habe eine Schwerbehinderung und gehe auch sehr offen damit um. Dementsprechend habe ich es auch direkt in der Personalabteilung angesprochen. Allerdings hat damals auch eine gute Freundin von mir im Unternehmen gearbeitet, weshalb der Einstellungsprozess nicht ganz typisch verlief. Ein netter Nebeneffekt der Offenlegung meiner Schwerbehinderung ist auch, dass ich mehr Urlaubstage erhalte.

REHADAT:

Wie wirkt sich die Erkrankung im Vergleich zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die Tätigkeit aus?

Stephanie Albrecht:

Es macht keinen Unterschied, denn wir haben alle irgendwelche besonderen Bedürfnisse oder Einschränkungen. So haben wir einige Mütter in unserer Abteilung beschäftigt, die durch Termine und Verpflichtungen ebenfalls Flexibilität benötigen. Ob Einschränkungen aufgrund von Erkrankungen vorliegen oder aus anderen Gründen, spielt in unserem Arbeitsalltag keine große Rolle. Aufgrund unserer Bürotätigkeit haben wir die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten und Homeoffice, was uns allen zugutekommt. In der Veranstaltungsbetreuung ist es schwieriger, solche Optionen anzubieten, da die Arbeit vor Ort stattfindet. Dort kann es natürlich vorkommen, dass die Jobtauglichkeit schneller hinterfragt wird. Aber grundsätzlich versuchen wir, individuelle Lösungen zu finden und sind flexibel.

REHADAT:

Gibt es spezielle technische Anpassungen oder Hilfsmittel, die Frau Reiche in Ihrem Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden?

Stephanie Albrecht:

Nein. Ich denke, das Wichtigste bei uns sind tatsächlich die organisatorischen Maßnahmen, die wir ergriffen haben. Bauliche Gegebenheiten geben zum Beispiel vor, dass auf dieser Etage keine Toiletten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhanden sind. Die nächsten Toiletten hier auf der Etage befinden sich hinten im Bereich der Geschäftsführung. Ich habe zum Beispiel keinen Schlüssel dafür. Wenn ich auf die Toilette gehen möchte, gehe ich normalerweise durch den Konferenzraum, wenn dieser gerade leer ist, oder ich gehe auf eine andere Etage. Wir haben für Frau Reiche den Zugang zur Geschäftsführung über einen Schlüssel ermöglicht, sodass sie direkt eine Toilette aufsuchen kann. Ansonsten sind es eher Kleinigkeiten, wie das Anschaffen einer Fußbank. Allerdings haben wir auch Beschäftigte mit anderen Bedürfnissen, denen wir beispielsweise die Anschaffung einer Fußbank ermöglichen würden.

Nadine Reiche:

Für mich persönlich ist es auch wichtig, dass ich über die Firma feuchtes Toilettenpapier bestellen kann, was für mich eine Erleichterung ist. Ansonsten gibt es nicht viele zusätzliche Maßnahmen.

REHADAT:

Wurden darüber hinaus Maßnahmen wie das Betriebliche Eingliederungsmanagement nach Krankheit oder stufenweise Wiedereingliederung ergriffen?

Stephanie Albrecht:

Ja, das haben wir. Frau Reiche war knapp zwei Jahre in der Veranstaltungs-Betreuung eines Großtheaters tätig. Ende 2019 fiel sie dann krankheitsbedingt für längere Zeit aus. Als es dann nach der Corona-Pandemie auch in der Veranstaltungsbranche langsam wieder voranging, wurde schnell deutlich, dass wir personelle Unterstützung benötigen würden. Da ich wusste, dass Frau Reiche gerne zu eventteam zurückkehren wollte, sich gesundheitlich langsam erholte und möglicherweise auch Interesse oder Fachkenntnisse im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz aufgrund ihrer Erkrankung mitbrachte, lag es nahe, sie zu fragen, ob sie in meine neue Abteilung wechseln wollte. Ich selbst hatte mich mittlerweile auch von der Veranstaltungs-Betreuung zurückgezogen und war mehr im Büro tätig. Wir haben mit einer schrittweisen Wiedereingliederung begonnen und uns darauf konzentriert, Frau Reiche allmählich mit einer festgelegten Stundenzahl in den Bereich des Arbeitsschutzes einzuführen. Dabei lag der Fokus ausschließlich auf reinen Bürotätigkeiten.

REHADAT:

Gab es staatliche Fördermittel oder Leistungen, die Sie in Anspruch genommen haben?

Stephanie Albrecht:

Nein, bisher wurden alle Kosten vom Unternehmen getragen.

REHADAT:

Was würden Sie abschließend anderen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie betroffenen Beschäftigten empfehlen, um berufliche Inklusion zu ermöglichen?

Stephanie Albrecht:

Es ist wichtig, dass Menschen ihre Bedürfnisse offen kommunizieren, sowohl persönlich als auch Unternehmen. Es erfordert möglicherweise Anpassungen und Aufwand, aber ich möchte die Kompetenz und Persönlichkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie Frau Reiche nicht missen. Es geht darum, Bedürfnisse zu erkennen und darauf einzugehen, um Inklusion zu ermöglichen.

Nadine Reiche:

Bei chronischen Erkrankungen ist Kommunikation der Schlüssel zur Inklusion.
Vielen Dank für das Interview.

REHADAT:

Vielen Dank für das Interview.

Es liegen keine Informationen zur Förderung vor.

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Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
  • ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)

Referenznummer:

PB/111247


Informationsstand: 20.12.2023

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