Praxisbeispiel
Interview zur Arbeits- und Beschäftigungssituation einer Sozialpädagogin

Kurzbeschreibung:

Interview mit einer Sozialpädagogin mit Schwerhörigkeit zur Arbeits- und Beschäftigungssituation im Rahmen eines Projektes zu gesetzlichen Auswirkungen bei der beruflichen Integration schwerhöriger, ertaubter und gehörloser Menschen durch Kommunikation und Organisation.

Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
  • Lebenslauf der Sozialpädagogin
  • Abbruch der Ausbildung zur Konditorin
  • Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt
  • Studium mit behinderungsgerechter Unterstützung
  • Übergang in den Job als Sozialpädagogin
  • Finanzierung von Mikroport-Anlage und dolmetschender Personen
  • Einfluss der Beeinträchtigung bei der Einstellung
  • Arbeitsalltag und Arbeitsgestaltung
  • Kommunikation mit Hilfe von Tess sowie dolmetschenden Personen
  • Förderung und Anträge
  • Beratung
  • Rechte von Menschen mit Behinderungen
Das gesamte Gespräch finden Sie unter dem Reiter bzw. Tabulator Interview.

Schlagworte und weitere Informationen

Das Interview wurde im Rahmen des Projektes GINKO geführt und befasst sich mit der Arbeits- und Beschäftigungssituation von Menschen mit Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit.

GINKO:

Erzählen Sie bitte Ihren beruflichen Lebenslauf.

Arbeitnehmerin:

Ja, also ist jetzt schwierig wo ich anfange. Soll ich anfangen von nach der Schule an?

GINKO:

Ich denke, am besten, ja.

Arbeitnehmerin:

Ja, gut. Ich hatte nach dem Realschulabschluss in einer Regelschule, hatte ich eine Konditorenausbildung angefangen. Das Arbeitsamt hat gemeint, Hörgeschädigte müssen mit dem Handwerk etwas arbeiten. Mir hat das natürlich gar nicht gefallen, aber ich habe die Lehre angefangen und nach dem zweiten Lehrjahr abgebrochen. Und dann habe ich eine Berufsfindung gemacht in Stadt XXX. Und mir haben die Berufe nicht gefallen, wie Floristin oder Buchbinder, es war einfach nichts für mich. Und ich habe gesagt, ich möchte was mit Menschen machen, wie Erzieher zum Beispiel. Und habe dann von mir selbst aus, Bewerbungen geschrieben für die Erzieherausbildung. Und habe dann eine Stelle bekommen für, man muss vorher ein Jahr Praktikum machen. Und habe ich ein Jahr im Kindergarten gearbeitet, im normalen Kindergarten. Und habe dann die Schule angefangen, auch an der Regelschule. Und da habe ich gemerkt, dass er Probleme gab mit der Kommunikation. Und damals konnte ich auch noch keine Gebärdensprache, das war im XXX gewesen. Und da habe ich auch die Schule abgebrochen und bin dann nach Stadt XXX auf die Schule für Hörgeschädigte und habe dort die Kinderpflegeausbildung gemacht. Weil es gibt im Norden von Deutschland noch eine Schule für Hörgeschädigte, wo man die Erzieherausbildung machen kann. Aber die Voraussetzung war, dass man die Gebärdensprache kann. Die konnte ich damals noch nicht. Bin ich nach Stadt XXX gegangen, habe die Ausbildung fertig gemacht und habe im Anschluss noch Fachabitur gemacht. Und nach dem Fachabitur habe ich ein FSJ gemacht in Stadt XXX, „Freiwilliges soziales Jahr“ in einer Sozialstation von Caritas. Und da habe ich gemerkt, dass ich doch mir ein Studium vorstellen kann und habe dann mit einem Studium angefangen: „Sozialpädagogik, Soziale Arbeit“ in Stadt XXX. Und dann habe ich ein Praktikum gemacht im Studium. Das Praktikum hat hier stattgefunden „Betreuten Wohnen für Gehörlose Menschen mit zusätzlicher Behinderung“. Und hier hat das dann auch angefangen, dann habe ich hier auch die Arbeitsstelle bekommen nach dem Studium. So war das. Also ich hatte den Kontakt schon gehabt.

Bemerkung zum Interviewverlauf:

Das Interview kommt noch einmal auf den Punkt der Ausbildung zum Konditor zurück, den Gründen zum Abbruch und dem weiteren beruflichen Weg.

Arbeitnehmerin:

Ja, das war für mich ein großes Problem mit der Kommunikation. Es war oft sehr laut, die Maschinen sind gelaufen zum Beispiel. Und es war auch ein Kollege, wo gesagt hat, ich soll nicht so böse gucken. Dabei habe ich mich nur konzentriert, was er sagt, weil es so laut war und. Von den Kollegen her hat es mir gar nicht gefallen. Auch die Kommunikation war schwierig, die hatten kein Verständnis für die Hörschädigung. Und aus dem Grund habe ich dann auch aufgehört, weil der Arzt es mir auch empfohlen hat, weil ich depressiv wurde. Ja, so war das.

GINKO:

Und wie sind Sie dann nach Stadt XXX gekommen?

Arbeitnehmerin:

Ja, dann habe ich vom Arbeitsamt aus eine Berufsfindung gemacht für drei Monate.

GINKO:

Ok. Sie haben aber erst die Ausbildung aufgehört?

Arbeitnehmerin:

Ja, ja.

GINKO:

Und dann zum Arbeitsamt?

Arbeitnehmerin:

Genau, ja.

GINKO:

Und also die Berufsfindung, war drei Monate in Stadt XXX?

Arbeitnehmerin:

Ja, genau.

GINKO:

Und bezahlt vom Arbeitsamt?

Arbeitnehmerin:

Ja, genau.

GINKO:

Und wie, woher haben Sie das erfahren?

Arbeitnehmerin:

Vom Arbeitsamt, die haben das selbst vorgeschlagen, weil ich während der Zeit arbeitslos war. Die habe mir gesagt, ich soll eine Berufsfindung machen für drei Monate.

GINKO:

Und wie war das dann mit dem Studium, wie sind Sie dazu gekommen?

Arbeitnehmerin:

Während dem FSJ bin ich nach Stadt XXX gezogen, von Stadt XXX nach Stadt XXX. Und hatte auch andere Hörgeschädigte kennengelernt oder gekannt auch von der Schule in Stadt XXX. Und viele von denen, ja viele, einige von denen haben schon studiert. Und ich hatte mir das nie zugetraut. Ich dachte immer: „das geht nicht mit der Hörschädigung“ und so. Habe ich aber immer mehr erfahren und habe noch gedacht: „hm, gibt eine Möglichkeit mit Dolmetscher, könnte man ja schaffen.“ Und da habe ich es einfach probiert und wurde auch aufgenommen. Anfangs hatte ich nur die Mikroportanlage benutzt, ich glaube während dem Grundstudium, genau. Und das war sehr schwierig, weil die Anlage, die hat auch auf Störgeräusche gehabt. Die war sehr unzuverlässig auch, war auch zwei Mal kaputt gewesen. Und Schreibkraft habe ich auch gehabt. Und später habe ich mich dann doch entschieden für Gebärdensprachdolmetscher, weil ich dann auch die Gebärdensprache besser konnte und mit Dolmetscher hat das viel besser geklappt (Arbeitnehmerin nickt).

GINKO:

Und wie war das mit der Finanzierung von Mikroport und Dolmetscher?

Arbeitnehmerin:

Ja das hat das Integrationsamt bezahlt, und die haben die Finanzierung übernommen. Aber das war auch nicht so einfach, weil ich schon vorher eine Ausbildung hatte. Normalerweise wird nur die erste Ausbildung finanziert, aber ich habe halt gut begründet. Ich habe auch gesagt: „mit der Kinderpflegeausbildung da habe ich wenige Chancen.“ Und ich möchte auch mit Erwachsenen arbeiten, das war auch ein Grund dafür. Die haben mich dann übernommen.

Arbeitnehmerin (ergänzt):
Und dann habe ich auch gemerkt. Hm, von null bis sechs Jahren, für immer, im Kindergarten, das möchte ich auch nicht so gerne. Und dann habe ich mich für das Studium entschieden. Ich habe auch mich informiert, welche Möglichkeiten es gibt, nach dem Studium und das hat gut auf mich gepasst. Mich dafür entschieden dann.

GINKO:

Wo haben Sie sich da informiert?

Arbeitnehmerin:

Also ich habe selbst über das Internet mich informiert, auch bei Freunden. Allgemein, wie das mit dem Studium klappt mit Dolmetscher. Wie das so abläuft im Studium, ich hatte ja vorher überhaupt keine Ahnung. Freunde haben dann viel erzählt und Vorlesungen, Seminare, wie das alles so läuft. Also ich habe alles selbst gemacht mit Unterstützung meiner Eltern. Die haben auch viel für mich gemacht auch. Also nicht über das Arbeitsamt oder so, gar nicht.

GINKO:

Und hier die Stelle, wie lange haben Sie die schon?

Arbeitnehmerin:

Also ich habe als studentische Hilfskraft angefangen das war (Arbeitnehmerin denkt nach) 2008, meine ich. Und aber jetzt fest angestellt bin ich seit September 2010. Ja, direkt nach dem Studium.

GINKO:

Und die erste Stelle als studentische Hilfskraft, wie haben Sie die bekommen? Wie war die Bewerbung?

Arbeitnehmerin:

Also ich musste ja ein Praktikum machen für das Studium, das war glaube ich, ja, ein Praxissemester. Also sechs Monate und habe Bewerbungen geschrieben. Ich wusste, es gibt ein paar Gehörloseneinrichtungen im Umkreis. Und habe mich hier beworben. Ein Wohnheim gibt es auch für Gehörlose mit zusätzlicher Behinderung. Aber ich wollte schon lieber mal sehen, wie das im betreuten Wohnen ist. Und habe mich hier beworben, die Stelle auch bekommen für sechs Monate. Ja und dann ist der Kontakt halt geblieben und die haben mich gefragt, ob ich weiter interessiert bin, als Alltagsbegleiter zu arbeiten nach den sechs Monaten. War ich auch interessiert und habe das auch angenommen. Ist bis jetzt so geblieben und dann jetzt die Festanstellung. Der Kontakt, der war schon da. Ja.

GINKO:

Die Schwerhörigkeit, welchen Einfluss hatte die, dass Sie die Stelle bekommen haben? Oder hatte die einen Einfluss?

Arbeitnehmerin:

Ich denke schon. Also die Erwartungen waren auf jeden Fall, dass man die Gebärdensprache beherrscht, um sich mit den Klienten zu kommunizieren und den Bewohnern und so. Und Gebärdensprache konnte ich ja zu diesem Zeitpunkt schon. Und das war der Einrichtung sehr wichtig gewesen. Mit der Schwerhörigkeit – keine Ahnung. Wir haben auch einen gehörlosen Kollegen. Ich denke auch, dass die Einrichtung auch Wert darauf legt, dass so die Mischung da ist zwischen hörenden Kollegen, Gehörlosen und Schwerhörigen. Ja.

GINKO:

Und haben Sie außer am Anfang bei der Ausbildung die Hilfe vom Arbeitsamt sonst noch Hilfe bekommen, eine Stelle zu finden, irgendwas?

Arbeitnehmerin:

Nicht mehr. Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht mit dem Arbeitsamt damals, mit der Konditorenausbildung. Die hatten überhaupt keine Erfahrung. Die haben, ich hatte das Gefühl, alle Menschen mit Behinderung in eine Schublade gesteckt. Ich sollte auch sozusagen (Arbeitnehmerin macht Anführungsstriche in der Luft) keine Werkstatt aber so eine, ja behinderte – nichtbehinderte Arbeiten als Mediengestalter, hatten die auch vorgeschlagen. Und da habe ich gemerkt, die haben überhaupt keine Ahnung. Ich kann mehr als nur Handwerk. Und das hatten die mir aber nicht zugetraut und von da an habe ich Abstand genommen und habe selbst viel getan.

GINKO:

Beschreiben Sie bitte Ihren Arbeitsalltag hier aktuell.

Arbeitnehmerin:

Also meine Hauptaufgaben sind Beratung, also ich muss die Klienten beraten im Alltag und übersetze ihnen auch die Post, wenn die auch geistig behindert sind oder psychisch krank sind. Und viele von ihnen können auch nicht lesen und nicht schreiben, ich muss die Post in leichter Gebärdensprache übersetzen. Oder auch mit Angehörigen zusammen arbeiten und drei Mal die Woche besuche ich auch die Werkstatt, also an ihrem Arbeitsplatz und leiste Kommunikationshilfe zwischen dem Klienten und dem Gruppenleiter. Das zum einen. Muss Hilfepläne schreiben, weil für das betreute Wohnen muss ja ein Antrag gestellt. So und so viele Stunden, bei jedem unterschiedlich, nach dem Hilfebedarf. Die Hilfepläne muss ich schreiben und dann muss ich auch Hilfeplankonferenzen besuchen, wenn wir eine Einladung bekommen. Für bestimmte Klienten bin ich der Bezugsbetreuer und bin für alles Mögliche zuständig. Ja, das ist das, hauptsächlich Beratung ist hauptsächlich, was ich tue. Und auch Unterstützen bei verschiedenen Anträgen beim Sozialamt oder bei der Rentenversicherung. Begleitung zu Ärzten und Ämtern zur Kommunikationshilfe, das sind meine Hauptaufgaben.

Arbeitnehmerin (ergänzt):
Und auch die Post bearbeiten, erklären. Oder auch mit der Arbeit mit der Werkstatt zusammen arbeiten. Da ruft auch manchmal eine Werkstatt mal an: „ja, der Bewohner ist heute nicht gekommen, was los ist?“ Da war ein Missverständnis entstanden, der Bewohner dachte, er hätte Urlaub, sowas zum Beispiel. Muss ich dann zum Beispiel klären. Oder die Ämter anrufen, nachfragen, wenn ein Bewohner zum Beispiel sein Geld noch nicht bekommen hat oder was fehlt an Unterlagen. Also ich muss auch viele Telefonate führen.

GINKO:

Wie klappt das mit Telefonaten?

Arbeitnehmerin:

Ich hatte also anfangs als studentische Hilfskraft hatte ich nur sechs Stunden die Woche gearbeitet. Aber nur mit dem Klienten zusammen die Freizeitgestaltung gemacht. Und jetzt habe ich aber als Case-Manager andere Aufgaben. Und habe jetzt ein Telefonassistenz, also Arbeitsassistenz habe ich jetzt, ist leider noch nicht da. Also ich habe einen Zugang schon, einen TESS-Dolmetscher. Und mein Kollege hat einen Laptop und ich habe einen extra Zugang, wird auch vom Integrationsamt finanziert. Mein Laptop ist jetzt noch in Bearbeitung. Bekomme ich jetzt auch bald. Und telefoniere immer über TESS.

GINKO:

Dann mit Gebärdendolmetscher oder Schriftdolmetscher?

Arbeitnehmerin:

Also meistens Schriftdolmetscher, also meistens.

GINKO:

Und im Moment, wie klappt das dann jetzt?

Arbeitnehmerin:

Im Moment mache ich das auch über TESS, ich muss nur an seinen Laptop von meinem Kollegen, an den Laptop dran. So ist das. Aber ich habe einen extra Zugang. Der wird auch extra abgerechnet bei dem Integrationsamt.

GINKO:

Und der Laptop, wird auch vom Integrationsamt (GINKO wird unterbrochen)?

Arbeitnehmerin:

Ja, auch.

GINKO:

Bewilligt sozusagen?

Arbeitnehmerin:

Ja, auch.

GINKO:

Außer TESS zum Beispiel, haben Sie noch andere Hilfsmittel die Sie bekommen?

Arbeitnehmerin:

Ja, ich habe Gebärdensprachdolmetscher für Teamsitzungen zum Beispiel. Das teile ich zusammen mit meinem Kollegen. Und auch Dolmetscher für Hilfeplankonferenzen, zum Beispiel, alles was mit Gruppe zu tun hat, da brauche ich Gebärdensprachdolmetscher. Was „face zu face“ ist, ist ok so. Oder auch in die Werkstatt, brauche ich auch keinen Dolmetscher, weil wir nur zu dritt sind. Und ich muss halt immer sagen, wir müssen in einen ruhigen Raum. Und ich muss erst einmal schauen, was sagt der und dann kann ich erst übersetzten. Bei einem Dolmetscher, der übersetzt ja parallel. Das zum Beispiel kann ich nicht. Aber ich werde auch gut angenommen und klappt auch gut.

GINKO:

Also, da brauchen Sie keinen Dolmetscher. Sie dolmetschen selber zwischen dem (GINKO wird unterbrochen).

Arbeitnehmerin:

Ja, zwischen dem Klient und dem Gruppenleiter.

GINKO:

Genau und aber bei großen Besprechungen haben sie selber (GINKO wird unterbrochen).

Arbeitnehmerin:

Ja, genau. Bei Fortbildungen oder Konzepttage, da habe ich Dolmetscher.

GINKO:

Gebärdensprachdolmetscher warum?

Arbeitnehmerin:

Weil es gibt auch Schriftdolmetscher, aber das Angebot ist so klein. Und in Stadt XXX gibt es eigentlich viele Gebärdensprachdolmetscher. Und ich habe mich für Dolmetscher entschieden, weil mein Kollege ist ja auch gehörlos und auch auf Gebärdensprachdolmetscher angewiesen und ich kann den Dolmetscher auch sehr gut verstehen und dann habe ich auch keine Probleme damit und es ist trotzdem so, dass die Dolmetscher oft schon ausgebucht sind. Wir haben jetzt zum Beispiel für Anfang Juni zwei Konzepttage. Wir haben bis jetzt noch keinen Dolmetscher gefunden. Die sind schon lange voraus schon ausgebucht. Die Dolmetscher haben auch selbst berichtet, dass es viele hörgeschädigte Studenten gibt, die in Stadt XXX und die buchen schon für das ganze Jahr. Für das ganze Semester schon. Da sind die schon fest ausgebucht. Und für uns ist das oft sehr schwierig Dolmetscher zu bekommen. Wir haben auch für den 16. Mai, haben wir auch noch nicht komplett Dolmetscher. Wir haben nur einen Co-Dolmetscher aber die müssen ja immer zu zweit sein, wenn es länger als eine Stunde dauert. Wir haben bis jetzt nur eine Dolmetscherin. Ja, das ist ganz schön schwierig. Aber für die Teamsitzungen zum Beispiel, jeden Montag, das ist dann auch schon ganz fest, für das ganze Jahr schon. Nur so kurzfristige Termine sind sehr schwierig.

GINKO:

Und wer organisiert das?

Arbeitnehmerin:

Das machen wir selbst. Also wir beide entscheiden, welche Dolmetscher wir bestellen. Das machen wir schon selbst.

GINKO:

Und Sie sagen, Schriftdolmetscher gibt es nicht viele?

Arbeitnehmerin:

Ja, gibt es nicht viele.

GINKO:

Und wäre da, wenn es mehr gäbe, wäre das besser. Oder ist Gebärdensprache auch ok?

Arbeitnehmerin:

Das weiß ich nicht. Ich habe damit noch keine Erfahrung gemacht. Aber ich stelle mir das ein bisschen aufwendig vor. Wenn ein Schriftdolmetscher einen Beamer aufstellen muss und eine Leinwand noch, stelle ich mir schon ein bisschen schwierig vor. Ist ja auch nicht überall möglich, denke ich mal. Schwierig zu sagen, ich habe die Erfahrung noch nicht gemacht. Aber ich würde es mal ausprobieren. Würde ich tun.

GINKO:

Wenn Probleme am Arbeitsplatz sind, wie werden die gelöst?

Arbeitnehmerin:

Welche Probleme meinen Sie jetzt? Kommunikationsprobleme oder?

GINKO:

Überwiegend ja.

Arbeitnehmerin:

Bis jetzt gab es noch nicht so wirklich Kommunikationsprobleme. Wenn dann nur so Kleinigkeiten, wo ich dann an meine Chefin weitergegeben habe, zum Beispiel wenn ein Gruppengespräch in der Werkstatt stattfindet. Aber das kann ich nicht dolmetschen. Dann gebe ich das weiter aber sonst eigentlich keine Probleme. Also wenn es Probleme gibt, kann ich die Leitung ansprechen.

GINKO:

Und Kommunikationsregeln, gibt es sowas hier?

Arbeitnehmerin:

Kommunikationsregeln?

GINKO:

Irgendwelche, Regelungen?

Arbeitnehmerin:

Nein, davon weiß ich jetzt nichts. Es ist auch für die Kollegen selbstverständlich mit uns langsamer zu sprechen, zu gebärden. Meine Kollegen arbeiten ja auch mit Gehörlosen und die gebärden dann automatisch mit uns. Feste Regeln? Kenne ich jetzt nicht. Es ist für die selbstverständlich, dass die dann gebärden und darauf achten, dass wir etwas mitbekommen. Auch wenn keine Dolmetscher dabei sind. Die sind schon sehr verständnisvoll.

GINKO:

Und was ist das? Was Sie da so benötigen? Also Sie sagen, dass so ein bisschen mitgebärdet wird. Dass man Sie anguckt und langsamer spricht.

Arbeitnehmerin:

Ja, also ich brauche nicht wirklich Gebärdensprache. Aber mein Kollege braucht Gebärdensprache, der ist ja oft dabei im Team. Wenn wir zum Beispiel in der Pause sind, zum Beispiel, mal kurz zusammensitzen. Dann ist ja kein Dolmetscher dabei. Und die Kollegen gebärden dann automatisch schon, auch mit mir auch schon. Die sprechen und gebärden.

GINKO:

Und sonst, was brauchen Sie sonst noch?

Arbeitnehmerin:

Sonst brauche ich nichts.

GINKO:

Also zum Beispiel, angucken und (GINKO wird unterbrochen).

Arbeitnehmerin:

Ach so, ja sowas. Ich dachte an Arbeitsgeräte oder so. Ja man muss mich schon anschauen und eine Lichtsignalanlage brauche ich hier nicht, weil die Klingel hier sehr laut ist. Aber wenn die leiser gewesen wäre oder nicht hörbar wäre. Dann hätte ich auch eine Lichtsignalanlage gebraucht. Für Telefon muss ich mal abwarten, wie das ist. Aber schon in der Kommunikation muss man mich nur anschauen, etwas langsamer sprechen, deutlicher, also nicht so schnell oder mal zwischendurch wegschauen und es muss ruhig sein. Aber mehr auch nicht eigentlich.

GINKO:

Und das wird alles hier so gemacht?

Arbeitnehmerin:

Ja.

GINKO:

Und TESS, wie sind da Ihre Erfahrungen bislang?

Arbeitnehmerin:

Also ich habe gute Erfahrungen gemacht, ich habe privat auch TESS. Und aber der Nachteil ist, aber für Beruf, wenn Berufszugang ist, dass die nur bis 17Uhr da sind. Und was nach 17 Uhr ist, wird nicht mehr angenommen. Und privat kann ich das ja nicht benutzen. Weil privat ist das schon sehr teuer. Und das bezieht sich auf die Arbeit und ich sehe das nicht ein, dass ich privat mit bezahlen muss. Und die sind da schon sehr streng geworden auch jetzt mit der Zeit auch, ja. Also insgesamt habe ich gute Erfahrungen gemacht mit TESS. Ich finde das sehr gut, dass es das gibt und sehr wichtig auch. Nur ich finde die Zeit nicht so gut. Privat ist bis 23 Uhr, das ist ok. Aber für den Beruf ist das nur bis 17 Uhr. Und ich arbeite bis halb sieben ungefähr. Und das geht von der Zeit her gar nicht. Da kann ich nur von morgen, ich glaube von acht Uhr, sieben Uhr an bis 17 Uhr telefonieren. Aber wenn die Klienten beispielsweise um halb fünf kommen und haben da noch irgendwas, wo ich anrufen soll. Ist schon schwierig dann.

GINKO:

Und was machen Sie, damit es auch gut funktioniert bei der Arbeit? Gibt es da irgendwas, in Bezug auf die Schwerhörigkeit jetzt speziell?

Arbeitnehmerin:

Also ich sag den Hörenden, denen ich begegne, wie in der Werkstatt oder beim Arzt, bei den Begleitungen, Ärzte, Ämter, Angehörige, sage ich sofort von Anfang an: „ich bin hörgeschädigt und ich kann dolmetschen, ich kann übersetzen“. Aber erkläre auch, dass ich erst einmal schauen muss und dann erst übersetzen kann. Und dass ich auf das Mundbild angewiesen bin und ich kläre die Leute immer direkt auf. Das ist das, was ich tue.

GINKO:

Und müssen Sie dann immer wieder erinnern oder geht das so, dass die Leute Sie dann angucken und warten?

Arbeitnehmerin:

Ja, manchmal wird das schnell vergessen, dann muss ich noch einmal sagen: „ich muss Ihr Mundbild sehen.“ Vor allem Leute, denen man nicht so oft begegnet. Zum Beispiel jede Woche Werkstattbesuch, die kennen mich ja dann auch schon. Aber wenn es um einen Besuch geht beim Arzt oder, wo man nicht regelmäßig hingeht, dann muss man schon öfter mal was sagen. Oder: „bitte, ich habe nicht verstanden, bitte können Sie langsamer sprechen.“ Aber sonst klappt das schon ganz gut.

GINKO:

Und gibt es vielleicht etwas, das nicht gemacht wird, hier bei der Arbeit, obwohl Sie es brauchen?

Arbeitnehmerin:

Nein, Nein. Wir haben auch eine neue Leitung. Sie hat auch viel Erfahrung mit Hörgeschädigten, von daher läuft das hier sehr gut. Die weiß genau, was wir brauchen und geht auch sehr gut darauf ein. Und beim Integrationsamt haben wir das beantragt und die sind auch hierhergekommen zum Arbeitsplatz und da haben wir ein gemeinsames Gespräch geführt, mit der Leitung, mit mir und drei Leute vom Integrationsamt. Es sollte eigentlich noch jemand vom Personal kommen, aber die Person war leider erkrankt. Und für das Integrationsamt war das selbstverständlich, dass ich die Hilfen brauche und auch bekomme. Also bis jetzt. Ich habe alles, was ich brauche. Wenn ich was brauche, muss ich nur noch einmal Bescheid sagen. Also wenn ich jetzt doch, Lichtsignalanlage brauchen würde oder so. Das habe ich auch beim Gespräch auch erwähnt. Ich habe auch gesagt „Ich muss erst einmal schauen mit dem Telefonklingeln, ob ich das hören kann. Weil beim Laptop weiß ich jetzt nicht, ob das laut genug ist“. Und die haben auch gesagt, wenn es nicht klappt dann einfach Bescheid sagen und die würden mir das dann auch finanzieren. Ich muss nur Bescheid sagen. Ich habe gute Erfahrungen gemacht bis jetzt – ja.

GINKO:

Das hört sich wirklich gut an. Müssen Sie dann viele Anträge ausfüllen, oder wie?

Arbeitnehmerin:

Ja, das schon. Am Anfang schon mühsam. Man muss, Lohnbescheinigung mit einreichen, genaue Arbeitsplatzbeschreibung und den Antrag auf Eingliederungshilfen, das ist schon ein bisschen mühsam.

GINKO:

Und jedes Mal neu?

Arbeitnehmerin:

Bitte?

GINKO:

Muss man das jedes Mal neu machen?

Arbeitnehmerin:

Ich habe das jetzt erst neu, ich denke nicht. Auch nach den Erfahrungen meines Kollegen, muss man das nicht jedes Jahr, immer wieder neu machen. Eigentlich nicht.

GINKO:

Aber wenn Sie jetzt eine Lichtsignalanlage zum Beispiel haben möchten, dann noch einmal neu?

Arbeitnehmerin:

Ja, ok. Das stimmt schon. Aber ich denke, ich muss da nicht komplett einen neuen Antrag stellen, ich muss vielleicht nur schreiben, dass ich dazu noch eine Lichtsignalanlage brauche. Denke ich mal. Und ich habe damit noch keine Erfahrungen gemacht.

GINKO:

Und wer hilft da? Beim Ausfüllen der Anträge?

Arbeitnehmerin:

Das mache ich alleine und die Leitung hat sich das auch angeschaut, ob das so in Ordnung ist. Und die unterstützt mich dann auch schon dabei, wenn ich Fragen habe oder so.

GINKO:

Und dass das Integrationsamt extra hier hingekommen ist. Wie kam das? Wie ist das entstanden?

Arbeitnehmerin:

Also das ist, das scheint hier üblich zu sein, das das Integrationsamt kommt, wenn es um Eingliederungshilfe geht am Arbeitsplatz. Die wollen sich auch den Arbeitsplatz anschauen, obwohl bei mir wollten die gar nicht schauen im Büro. Die sind zur Leitung gegangen und haben da gemeinsam unterhalten. Ich habe erzählt, was ich mache, aber sonst. Also das ist üblich so, dass das Integrationsamt, bevor er was bewilligt, sich den Arbeitsplatz anschaut und sich den Hörgeschädigten anhört, was er braucht und so. Und ich denke, das ist auch bei anderen auch so. Wir haben einen Kollegen, bei dem war es genauso.

GINKO:

Und wie erfahren die davon, dass ein Schwerhöriger oder Gehörloser einen neuen Arbeitsplatz hat, also?

Arbeitnehmerin:

Erfahren tun die das nicht direkt, sondern durch meinen Antrag. Weil ich habe einen Antrag gestellt auf Eingliederungshilfe. Und daher haben die das erfahren.

GINKO:

Das war aber Ihre Initiative, Sie haben das angefangen?

Arbeitnehmerin:

Ja, ich habe das selbst angefangen, genau.

GINKO:

Und dann/ haben Sie das vorher abgesprochen hier mit der Arbeit oder wie?

Arbeitnehmerin:

Ich habe meiner Chefin, also der Leitung, Bescheid gesagt, dass ich das und das brauche und das war selbstverständlich. Weil das Integrationsamt braucht auch ein Einverständnis von der Leitung, von dem Arbeitgeber.

GINKO:

Und woher wussten Sie, dass man bei dem Integrationsamt, die Eingliederungshilfe, dass es die gibt dort?

Arbeitnehmerin:

Ja, das weiß ich aus meinem Studium, bei den Gesetzbüchern. Ich habe mich viel damit beschäftigt auch im Studium. Mit Menschen mit Behinderung, welche Hilfen es gibt, Eingliederungshilfe, daher wusste ich das auch.

GINKO:

Die Gesetze und Rechte, woher kennen Sie Ihre Rechte?

Arbeitnehmerin:

Ja, die kenne ich aus dem Studium und habe auch selbst viel geforscht und nachgeprüft im Internet. Und beziehe auch den „DSB“, die Zeitschrift, und da stehen auch oft interessante Themen drin. Aber hauptsächlich durch Gesetzbuch, wo ich selbst auch mal was nachschlage. Oder auch Austausch mit Freunden. Ich habe zum Beispiel eine Freundin, die ist auch Sozialpädagogin, die hat auch schon viele Erfahrungen gemacht. Die ist selbst auch hörgeschädigt und da haben wir uns auch ausgetauscht. Die hat auch gesagt: „Du hast die Möglichkeit das und das.“ „Ach ja“, dann habe ich selbst nachgeschaut. So war das auch. Also ich habe selbst was nachgeschaut, nachgeschlagen, mit Freunden ausgetauscht. Informationen aus dem Internet vielleicht.

GINKO:

Haben Sie mal, vom Arbeitsamt oder vom Integrationsfachdienst Beratung oder Informationen bekommen zu den Gesetzen?

Arbeitnehmerin:

Also vom Arbeitsamt gar nicht. Stimmt, mir fällt ein, ich war mal im Integrationsfachdienst war ich mal gewesen. Genau, während dem FSJ war ich mal dort gewesen, das war aber noch ziemlich am Anfang, wo ich noch nicht wusste was ich mache. Und da hatte ich ein paar Bewerbungen geschrieben. Ich weiß jetzt aber nicht mehr, ich glaube Büro, im Bürobereich. Am Anfang wusste ich ja noch gar nichts. Und da habe ich Bewerbungen gezeigt, ich hatte aber nur zweimal einen Termin gehabt. Und war aber nicht so zufrieden, also man muss selbst auch viel was tun. Die konnten korrigieren, Fehler in der Bewerbung. Aber das war bei mir nicht notwendig, weil mein Vater ist Deutschlehrer, der konnte auch durchgucken und meine Eltern haben mir viel geholfen bei Bewerbungen. Und die habe ich eigentlich immer nur meine Eltern gezeigt, die haben das korrigiert. Und Integrationsfachdienst, die konnten vielleicht bisschen vermitteln, aber soweit war das noch gar nicht. Und dann hatte ich auch keinen Termin mehr wahrgenommen. Und da stand fest, dass ich das Studium anfangen möchte. Also ich hatte sonst keine Informationen vom Arbeitsamt oder Integrationsfachdienst, über Gesetze schon gar nicht.

GINKO:

Und zum Beispiel im Studium, haben Sie da speziell von der Hochschule Beratung bekommen auch, oder?

Arbeitnehmerin:

Keine spezielle Beratung, aber die Professorin, die ich hatte in Sozialrecht, die war sehr engagiert. Die hatte auch was mit Menschen mit Behinderung hat die auch ein Projekt geführt. Und die konnte ich dann auch schon mal fragen. Und die hat mich auch darauf hingewiesen zum Beispiel Gebärdensprachdolmetscher bei Museumsführung oder mehr so im privaten Bereich, wie das möglich ist, das zu beantragen. Das habe ich von ihr gelernt, zum Beispiel. Von ihr habe ich sehr viel gelernt was Gesetze betrifft, weil sie Rechtsprofessorin ist. Die hat auch einmal was an das Integrationsamt geschrieben, damit ich ein Seminar teilnehmen kann, das eigentlich nicht auf dem Lehrplan steht, aber. Ja die war eigentlich die Einzige, wo ich mal hingehen konnte, mal fragen konnte. Aber sonst war eigentlich keine Beratung da gewesen, die sich auskennt mit Hörschädigung.

GINKO:

Und waren Sie die einzige Schwerhörige in dem Studiengang?

Arbeitnehmerin:

Nein, ich hatte in meinem Studiengang hatte ich noch zwei andere Schwerhörige. Also eine ist – ne. Also es sind beide schwerhörig, so mittelgradig und einer war auch hochgradig, hat CI. Und sie kann auch Gebärdensprache, weil ihre Eltern gehörlos sind. Ja, das waren die einzigen Hörgeschädigten in meinem Studiengang. Und ein Jahr nach mir ist noch eine gehörlose Studentin dazugekommen, aber ein ganz anderer Studiengang, wir hatten also nichts zusammen gehabt. Wir waren schon immer zu dritt.

GINKO:

Und wie kann man alle schwerhörigen und gehörlosen Menschen besser informieren? Über ihre Rechte?

Arbeitnehmerin:

Also, zum Beispiel der Integrationsfachdienst, die wissen ja auch Bescheid über die Rechte. Aber das Problem ist, höre ich ganz oft von anderen, wenn man einen Termin haben möchte, muss man Monate warten, Wochen bis Monate. Ja und das ist sehr schwierig, wenn man kurzfristig die Informationen braucht. Also zum einen muss der Integrationsfachdienst, der müsste mehr Zeit haben für die Menschen. Ne stimmt, die haben auch eine offene Beratungsstelle, denke ich. Also ich finde auch im Internet müssten mehr Informationen da sein. Zum Beispiel beim „Taubenschlag“. Speziell nur über Rechte oder andere Seiten für Hörgeschädigte, dass die halt auch über Rechte informieren. Dann auch in Gebärdenvideos auch. Das ist ganz wichtig auch für Gehörlose, die nicht so gut lesen können. Auch die Probleme haben mit der deutschen Grammatik. Und vielleicht auch im Fernsehen ein bisschen mehr informieren. Es gibt ja „Sehen statt Hören“, informiert auch mal über die Rechte. Das kommt zu einer ganz frühen Zeit. Kommt Samstag oder Sonntag ganz früh morgens schon. Oder in Gehörlosen-, Schwerhörigen-Zeitschriften. Ja, oder auch Flyer, dass man in Beratungsstellen Flyern ausstellt mit verschiedenen Rechten. So stelle ich mir das vor. Aber auch dass die Arbeitgeber auch informiert werden, wo Hörgeschädigte arbeiten. Der Integrationsfachdienst macht das ja, oder kommt auch zum Arbeitsplatz und klärt die Kollegen auf, mit ein bisschen mehr, wie soll ich sagen: Öffentlichkeitsarbeit. Dass auch Hörende auch sehen. Ach, es gibt Hörgeschädigte und auch Gebärdensprachdolmetscher, dass die eingesetzt werden in verschiedenen Veranstaltungen. Das sehen die Hörenden auch: ah, es gibt Gehörlose, ah, es gibt – weiß ich nicht. Gehörlosigkeit, die sieht man einem nicht ja, also die sieht man einem ja nicht an. Ja, also Öffentlichkeitsarbeit auch, und die Verbände, so stelle ich mir das vor. Aber natürliche müssen auch Hörgeschädigte selbst, müssen ja auch was tun, wenn die was wissen wollen. Deswegen sind Beratungsstellen ganz wichtig, dass die irgendwo hingehen können, wo man sich auch auskennt mit Hörschädigung, das finde ich sehr wichtig. Dass die auch informiert sind über Rechte. Ja, so.

GINKO:

Und die Umsetzung der Gesetze also speziell jetzt SGB IX und UN-Konvention? Können Sie da noch ein bisschen mehr sagen. Ist das eher gut oder eher schlecht und Beispiele nennen vielleicht?

Arbeitnehmerin:

Ja, wie gesagt eben auch schon, dass im privaten Bereich auch Dolmetscher finanziert werden. Also nicht wie Geburtstagsfeier, meine ich jetzt nicht unbedingt oder Familienfeier, das wäre sehr schön, klar. Weil auch Familien auch hörend sind und der Gehörlose dann auch alleine ist. Und nichts verstehen kann. Aber auch wichtig, dass so bestimmte Veranstaltungen, größere Veranstaltungen oder Sommerfeste von anderen Einrichtungen oder Kino, dass die auch ein bisschen mehr was tun. Da ist die Umsetzung, ist da nicht gut. Ist jetzt ein bisschen schwierig, das auszudrücken. Es ist ja jetzt zum Beispiel Pflicht, Neubauten so umzubauen, also behindertengerecht umzubauen. Das ist schon einmal sehr gut, das ist ein Fortschritt. Aber was ist mit den alten Gebäuden? Die wichtig sind, zum Beispiel Bahnhöfe oder dann gibt es am Hauptbahnhof eine U-Bahn, zum Beispiel gibt es keine Blindenführlinie. Wir hatten mal gefragt, vom Studium aus, hatten wir mal einen Rundgang gemacht durch die Stadt. Und haben gemerkt, dass da viel Nachholbedarf ist. Und da haben wir auch gefragt, warum es hier keine Blindenführlinien gibt. „Ja weil das ist schon zu alt die Platten, und die Platten können nicht weg, aber.“ Dann habe ich woanders, vor kurzem noch habe ich gesehen, dass auch alte Platten, die hat man gelassen, nur einen Teil raus gemacht und neugemacht. Das habe ich jetzt irgendwo gesehen, vor ein paar Tagen. Und da habe ich auch gedacht, kann man ja am Hauptbahnhof auch machen. So das, wo ist das Problem. Oder die Aufzüge waren kaputt gewesen, Rollstuhlfahrer, die in beide Richtungen nicht einsteigen können. Ja, ja gut aber der Aufzug war ja da, das ist schon einmal gut. Nur die Umsetzung nicht. Na auch für Hörgeschädigte wird dann oft gar nicht mitgedacht. Man denkt oft Menschen mit Behinderung: „Ach, sind Rollstuhlfahrer und so“ aber eine Hörschädigung ist eine Kommunikationsbehinderung und an die denkt man eigentlich gar nicht so, habe ich das Gefühl. Zum Beispiel als jetzt die Beschriftungen zum Beispiel: „Der Zug hat Verspätung“ oder wichtige Ansagen, dass die auch auf dem Laufband zu sehen sind. Oder, ja und andere Veranstaltungen, öffentliche Veranstaltungen, Kinos zum Beispiel oder Museum. Es gibt auch einmal im Jahr gibt es Museumsführung für Gehörlose. Es gibt bestimmte Museen, die machen dann eine Führung. Aber sowas müsste auch regelmäßig sein, man müsste, wenn man zum Bespiel sagt: „ich möchte am Wochenende gerne ins Museum gehen“, dass man das beantragt und dass man das auch bekommt die Dolmetscher für die Führung. Aber wenn ich jetzt weiß, ich mache im Herbst eine Führung, kann ich jetzt beantragen, auf „Teilhabe an der Kultur“. Das wird dann eher bewilligt werden, aber das dauert ja Monate bis das bearbeitet ist. Und das geht nicht. Also man muss schon ganz lange voraus schon was tun. Und das ist ganz viel Bürokratie und das ist ja auch unmöglich. Ich war zum Beispiel im Kabarett gewesen und habe gedacht „oh das wird schwierig, ob ich nicht doch einen Dolmetscher bestellen soll.“ Ich habe nur einen Monat Zeit gehabt und habe es dann doch gelassen, weil ich wusste es dauert Monate. Und hier hat das ja auch Monate gedauert mit der Arbeitsassistenz. Und das muss verbessert werden.

GINKO:

Also, dass es schneller geht?

Arbeitnehmerin:

Ja, genau. Weil ich, man kann nicht monatelang ein halbes Jahr warten. Es gibt viele Dinge, die kurzfristiger sind. Da kann man nicht noch einen Antrag stellen „Bitte“ ist sehr schwierig.

GINKO:

Und warum dauert das so lange?

Arbeitnehmerin:

Ich denke mal, weil die Ämter überfordert sind. Vermute ich mal.

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  • ERGOS - Hören
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Gestik/Mimik
  • IMBA - Hören
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Referenznummer:

Pb/110815


Informationsstand: 05.04.2023

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