Praxisbeispiel
Kurzbeschreibung:
Ein Interview von REHADAT im Rahmen von REHADAT-Wissen: Ausgabe Asthma bronchiale.
Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
Inhalte des Gesprächs sind die Themenbereiche:
- Zeitpunkt der Diagnose der Erkrankung
- Vorliegende Form von Asthma bronchiale
- Auslöser von Anfällen
- Grad der Behinderung und Erkrankung
- Gedanken über eine mögliche Erwerbsminderungsrente
- Umgang mit der eignen Erkrankung
- Maßnahmen zum Ausgleich der Auswirkungen
- Rehabilitationssport und Erkrankung
- Auswirkungen der Erkrankung auf die Arbeit
- Möglicher schwerer Asthmaanfall bei der Arbeit
- Hilfe durch Kolleginnen und Kollegen bei einem Asthmaanfall
- Rückzugsmöglichkeiten bei einem Asthmaanfall
- Mittelung der Diagnose an den Arbeitgeber
- Bedarfsgerechte Arbeitsplatzanpassung
- Arbeiten im Homeoffice
- Integration ins Team
Schlagworte und weitere Informationen
Das Interview mit Eva Werner erfolgte im Rahmen von REHADAT-Wissen: Ausgabe Asthma bronchiale.
Zur Person:
Eva Werner, 47 Jahre, arbeitet in Vollzeit als Assistentin im Bereich Projektförderung bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft gGmbH (FAW). Zuvor war sie im Reha-Management und als Jobcoach tätig. Sie hat einen Grad der Behinderung von 80 mit dem Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert).
REHADAT:
Wann wurde bei Ihnen Asthma bronchiale diagnostiziert?
Eva Werner:
Ich hatte wahrscheinlich schon als Kind Asthma, aber die Diagnose kam erst spät während der Corona-Pandemie im Jahr 2021. Als ich eine Maske tragen musste, bekam ich Atemnot und mein Gesicht wurde manchmal blau. Da habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Beim Lungenarzt stellte sich heraus, dass ich neben Asthma auch COPD habe.
REHADAT:
Welche Form von Asthma bronchiale haben Sie?
Eva Werner:
Ich habe intrinsisches Asthma, das durch verschiedene Reize ausgelöst werden kann.
REHADAT:
Was löst Ihre Asthmaanfälle aus?
Eva Werner:
Stress führt zu Verspannungen im Körper und zu Atemnot. Auch wenn ich mich erschrecke, kann das unangenehm sein. Wenn ich zu viele Kohlenhydrate oder Süßigkeiten esse, steigt mein Blutzuckerspiegel, was sich wiederum auf meine Atmung auswirkt. Ein häufiges Begleitsymptom von Asthma ist das Verschlucken aufgrund einer falschen Atemtechnik. Deshalb meide ich Reis oder Mais, weil ich diese Partikel einatmen könnte. Hallenbäder kann ich wegen der hohen Luftfeuchtigkeit nicht mehr besuchen. Auch ein plötzlicher Sommerregen kann problematisch sein, weil der aufsteigende Wasserdampf meine Atmung beeinträchtigt. Ich reagiere auch empfindlich auf Gerüche und Waschmittel. Bei Kälte oder wenn ich schnell Eis esse, ziehen sich meine Lungen zusammen.
REHADAT:
War es für Sie von Anfang an klar, einen Grad der Behinderung zu beantragen?
Eva Werner:
Durch meine berufliche Tätigkeit wusste ich schon viel. Aber die größte Hürde war der innere Widerstand, weil man sich eingestehen muss, dass etwas nicht stimmt. Ich habe mir aber Zeit gelassen, bevor ich den Antrag gestellt habe, um sicher zu sein, dass die Diagnose stimmt.
REHADAT:
Haben Sie schon einmal über eine Erwerbsminderungsrente nachgedacht?
Eva Werner:
Einige Leute haben es mir geraten, aber das wäre für mich eine Abwärtsspirale. Ich sehe noch viele Möglichkeiten vor mir. Solange ich arbeite, habe ich eine Aufgabe und kann mit meinen Kollegen in Kontakt bleiben.
REHADAT:
Wie managen Sie Ihr Asthma bronchiale?
Eva Werner:
Im Moment nehme ich ein Kombipräparat. Hochdosiertes Kortison gegen die heftigen Hustenanfälle, bei denen mir schwarz vor Augen wird, und einen Wirkstoff, der die Bronchien erweitert. Mit dem Notfallspray habe ich meine Symptome insgesamt besser unter Kontrolle. Außerdem benutze ich ein Fingermessgerät, um den Sauerstoffgehalt im Blut zu messen. Für die Sauerstoffsättigung im Blut verwende ich eine Smartwatch. Wenn mein Sauerstoffgehalt sinkt, versuche ich, es mit tiefer Bauchatmung auszugleichen. Das Notfallspray ist das letzte Mittel, das ich benutze, wenn ich einem Reiz ausgesetzt bin.
REHADAT:
Tun Sie noch etwas anderes zum Ausgleich?
Eva Werner:
Ich gehe einmal in der Woche zum Reha-Sport. In einer normalen Sportgruppe wäre niemand in der Lage, mir im Notfall zu helfen. Privat versuche ich, die Risiken zu minimieren, da ich Angst habe, mich bei anderen Menschen anzustecken. Deshalb schränke ich bestimmte Kontakte und Aktivitäten ein. Ich arbeite daran, kleine Hindernisse zu überwinden, wie zum Beispiel den Aufzug nach oben zu nehmen, aber dafür die Treppe hinunterzugehen, um in Bewegung zu bleiben. Selbstmanagement und Organisation nehmen viel Zeit in Anspruch.
REHADAT:
Was macht man beim Rehabilitationssport und wer bezahlt ihn?
Eva Werner:
Das bezahlt die Krankenkasse. Es werden Bewegungsübungen gemacht und besonders auf die kognitiven Fähigkeiten geachtet. In der Atemtherapie lerne ich spezielle Atemtechniken und das richtige Verhalten in Situationen, in denen meine Atmung eingeschränkt ist. Da mir die Atemtherapie sehr hilft, bemühe ich mich im Moment um eine längerfristige Verordnung im Rahmen der Krankengymnastik, da die jetzigen Sitzungen nicht ausreichen.
REHADAT:
Wie wirkt sich Ihr Asthma bronchiale bei der Arbeit aus?
Eva Werner:
Ich arbeite Vollzeit und merke es jeden Tag. Wenn ich abends nach Hause komme, bin ich erschöpft. Weniger Sauerstoff bedeutet auch weniger Konzentration. Es fällt mir schwer, gleichzeitig zu sprechen und zu gehen. Deshalb sind Aktivitäten wie Sport, Atemtherapie oder das Treffen mit Freunden nach der Arbeit schon eine Herausforderung.
REHADAT:
Hatten Sie schon einmal einen schweren Asthmaanfall bei der Arbeit?
Eva Werner:
Ja, das kommt regelmäßig vor. Erst kürzlich, als ich in einen schlecht gelüfteten Raum kam. Danach konnte ich etwa 15 Minuten lang nichts mehr tun. Als erste Maßnahme öffne ich in solchen Fällen die Fenster und wende Atemtechniken an: erst flacher in die Brust atmen, dann tiefer in den Bauch.
REHADAT:
Können Ihre Kolleginnen und Kollegen in solchen Situationen unterstützen?
Eva Werner:
Nein. Ich erhole mich allein. Es bringt nichts, mir bei einem Hustenanfall auf den Rücken zu klopfen. Wenn ich aber blau anlaufe, sollte der Notarzt gerufen werden. Bei der Arbeit vor Ort ist das Risiko eines Notfalls ohnehin geringer, da ich nur an guten Tagen im Büro bin.
REHADAT:
Gibt es bei der Arbeit Rückzugsmöglichkeiten, wenn Sie einen schweren Asthmaanfall haben?
Eva Werner:
Dank der Größe unseres Unternehmens gibt es Ruheräume. Bisher habe ich sie aber nicht genutzt, da Liegen für die Lunge kontraproduktiv ist. Ich finde es angenehmer, mich auf einem Stuhl zurückzulehnen, den Bauch zu strecken und dann tiefer zu atmen.
REHADAT:
Wie war es für Sie, Ihrem Arbeitgeber von Ihrer Diagnose zu erzählen?
Eva Werner:
Es hat mich Überwindung gekostet, aber es wäre mir sonst auf die Füße gefallen. Ich kann es nicht verbergen. Ich wollte von Anfang an meinen Arbeitgeber mit ins Boot holen, damit Maßnahmen ergriffen werden können. Ein Jahr nach meiner Diagnose wurde ich in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen.
REHADAT:
Wurde Ihr Arbeitsplatz bedarfsgerecht angepasst?
Eva Werner:
Aufgrund der Gefährdungsbeurteilung wurde für mich ein Einzelbüro eingerichtet. Wenn ich früher im Büro gehustet habe, haben meine Kollegen das Fenster geöffnet. Das war unangenehm. In meinem Einzelbüro kann ich jetzt lüften, wie ich will. Und es wurde vereinbart, dass ich wegen der Feinstaubbelastung nicht mehr den Druckertoner wechseln muss, sondern jemanden rufen kann. Mein Arbeitgeber ermöglicht es mir, von zuhause zu arbeiten, sodass ich je nach Tagesform entscheiden kann, wo ich arbeite. Das erleichtert die Situation enorm. Mit 47 Jahren habe ich noch viel zu tun, bevor ich in Rente gehe.
REHADAT:
Wie ist es für Sie, zuhause zu arbeiten?
Eva Werner:
Natürlich gibt es Schamgefühle, weil ich nicht als Weichei dastehen möchte. Das hängt auch mit meiner Erziehung zusammen. Aber mittlerweile akzeptiere ich, dass ich von zuhause arbeite, wenn ich einen schlechten Tag habe oder längere Pausen brauche, was mir durch die flexiblen Arbeitszeiten möglich ist.
REHADAT:
Fühlen Sie sich ins Team integriert?
Eva Werner:
Absolut integriert. Es wird immer darauf geachtet, dass Menschen mit Beeinträchtigungen überall dabei sein können.
Es liegen keine Informationen zur Förderung vor.
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Referenznummer:
PB/111285
Informationsstand: 02.10.2024