Praxisbeispiel
Wo lag die Herausforderung?
Die Erzieherin war aufgrund einer entzündlichen Darmerkrankung längere Zeit krank. Sie befand sich immer öfter in Stresssituationen durch zwischenmenschliche Komplikationen mit den Kolleginnen. Es musste eine Lösung gefunden werden, um die Frau weiterhin beschäftigen zu können.
Was wurde gemacht?
Das Unternehmen leitete wegen der Ausfallzeiten ein gesetzlich vorgeschriebenes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ein, dem die Erzieherin zustimmte. Als Maßnahme zur Vermeidung der Belastungen bzw. Ausfallzeiten, wurde im Rahmen des BEM beschlossen, die Frau zu versetzen. Die Frau äußert den Wunsch in einer Krippe arbeiten zu wollen. Es wird ein Stellentausch mit einer Erzieherin in einer Krippe des Unternehmens vereinbart, die in einem anderen Bereich arbeiten möchte. Beide Seiten stimmen nach entsprechenden Gesprächen dem Stellentausch zu. Die Erzieherin findet schnell Gefallen an ihrem neuen Arbeitsplatz und auch gesundheitlich stellt sich eine Verbesserung ihrer Erkrankung ein.
Schlagworte und weitere Informationen
Es liegen keine Informationen zur Förderung vor.
Mitarbeiterin
Die 32 Jahre alte Erzieherin ist schwerbehindert mit einem GdB (Grad der Behinderung) von 100 und arbeitet seit 15 Jahren beim Unternehmen mit 38,5 Wochenstunden. Mit zwei weiteren Erzieherinnen betreut sie 15 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, davon sind vier Kinder behindert.
Unternehmen
Der KITA-Träger betreibt mit seinen 535 Beschäftigten Krippen sowie Kindertagesstätten in allen Stadtteilen. Es gibt einen Betriebsrat sowie eine Schwerbehindertenvertretung und das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist eingeführt.
Fallschilderung
Die Erzieherin hatte in den vergangenen Jahren häufige und lange Fehlzeiten. Nun war sie wieder acht Wochen krank. Zwischenzeitlich wurde im Betrieb ein BEM eingeführt und sie wird zu einem BEM-Gespräch eingeladen, dem sie zustimmt.
BEM-Gespräch
Am Gespräch nehmen der Inklusionsbeauftragte des Unternehmens, der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung teil.
Gesprächsverlauf:
Die Erzieherin wird über das BEM und das Vorgehen informiert. Auf die Schweigepflicht und den Datenschutz wird hingewiesen. Danach werden die Krankenzeiten betrachtet.
Die Erzieherin wird gefragt, ob die Arbeitssituation im Zusammenhang mit ihren Krankenzeiten steht. Die Erzieherin bejaht, relativiert jedoch sofort ihre Aussage, indem sie erklärt: Sie habe eine entzündliche Darmerkrankung und Stress äußere sich bei ihr immer mit Entzündungen. Die Arbeit mit den Kindern bereite ihr große Freude, aber sie verstehe sich nicht mehr mit ihren beiden Kolleginnen. Wenn sie aus der Erkrankung zurückkommt, reden sie nicht mehr ihr. Sie hat das Gefühl sie wollen sie bestrafen, weil sie krank gewesen ist. Wenn sie fragt, was während ihrer Abwesenheit an Therapien oder Beschäftigungen gelaufen sind, bekommt sie zur Antwort: „Wenn du da gewesen wärst, wüsstest du das.“ Zum gemeinsamen Frühstück mit den Kindern wird für sie nicht mit gedeckt. Unterhaltungen sind nicht möglich. Sie wird vollständig ignoriert.
Diesen Zustand kann sie nicht mehr ertragen. Diese Situation macht sie krank. Schon am Morgen, wenn sie zur Arbeit geht, hat sie Schmerzen, die sich im Laufe des Tages noch verstärken.
Die Erzieherin wird gefragt, ob die Arbeitssituation im Zusammenhang mit ihren Krankenzeiten steht. Die Erzieherin bejaht, relativiert jedoch sofort ihre Aussage, indem sie erklärt: Sie habe eine entzündliche Darmerkrankung und Stress äußere sich bei ihr immer mit Entzündungen. Die Arbeit mit den Kindern bereite ihr große Freude, aber sie verstehe sich nicht mehr mit ihren beiden Kolleginnen. Wenn sie aus der Erkrankung zurückkommt, reden sie nicht mehr ihr. Sie hat das Gefühl sie wollen sie bestrafen, weil sie krank gewesen ist. Wenn sie fragt, was während ihrer Abwesenheit an Therapien oder Beschäftigungen gelaufen sind, bekommt sie zur Antwort: „Wenn du da gewesen wärst, wüsstest du das.“ Zum gemeinsamen Frühstück mit den Kindern wird für sie nicht mit gedeckt. Unterhaltungen sind nicht möglich. Sie wird vollständig ignoriert.
Diesen Zustand kann sie nicht mehr ertragen. Diese Situation macht sie krank. Schon am Morgen, wenn sie zur Arbeit geht, hat sie Schmerzen, die sich im Laufe des Tages noch verstärken.
Wünsche und Vorstellungen
Die Erzieherin wird gefragt, was sie sich als Hilfe vorstellen kann, um die Situation zu ändern. Die Erzieherin weiß genau, was sie will. Sie würde gerne in einer Krippe arbeiten. Vor zwei Jahren wollte sie sich bereits auf eine freie Stelle bewerben, aber die Schwerbehindertenvertretung habe ihr das ausgeredet. Sie dachte, dass das Heben und Tragen der Kinder mit ihrem künstlichen Darmausgang ungünstig für sie sei. Sie ärgere sich noch heute, dass sie sich nicht trotzdem beworben hat. Es ist immer noch ihr großer Wunsch, in einer Krippe zu arbeiten.
Die Schwerbehindertenvertretung bestätigt die Aussage der Erzieherin und entschuldigt sich dafür, dass sie die Erzieherin damals nicht unterstützt hat. Anschließend berichtet sie von einer Krippe, in der eine Mitarbeiterin ebenfalls Schwierigkeiten hat und gerne in den Elementarbereich wechseln würde. Sie will die Möglichkeit eines Stellentausches abklären. Sie weiß jedoch, dass die Geschäftsleitung bei Schwierigkeiten keine Versetzung vornehmen will, sondern möchte, dass intern nach Konfliktlösungen gesucht wird. Das BEM-Team sieht, dass hier eine Situation besteht, die erhebliche gesundheitliche Auswirkungen auf die Betroffene hat. Es soll nach einer Möglichkeit gesucht werden, so dass die Erzieherin nicht länger der belastenden Arbeitssituation ausgesetzt ist.
Die Schwerbehindertenvertretung bestätigt die Aussage der Erzieherin und entschuldigt sich dafür, dass sie die Erzieherin damals nicht unterstützt hat. Anschließend berichtet sie von einer Krippe, in der eine Mitarbeiterin ebenfalls Schwierigkeiten hat und gerne in den Elementarbereich wechseln würde. Sie will die Möglichkeit eines Stellentausches abklären. Sie weiß jedoch, dass die Geschäftsleitung bei Schwierigkeiten keine Versetzung vornehmen will, sondern möchte, dass intern nach Konfliktlösungen gesucht wird. Das BEM-Team sieht, dass hier eine Situation besteht, die erhebliche gesundheitliche Auswirkungen auf die Betroffene hat. Es soll nach einer Möglichkeit gesucht werden, so dass die Erzieherin nicht länger der belastenden Arbeitssituation ausgesetzt ist.
Maßnahme
Alle Beteiligte sind sich einig, dass nur eine Versetzung die krankmachende Situation ändern kann. Der BEM-Beauftragte ist der Meinung, dass die Erzieherin selbst wissen muss, was für sie gut ist. Wenn sie gerne mit Krippenkindern arbeiten will und sich das zutraut, so soll versucht werden ihr das zu ermöglichen. Dieser Meinung schließen sich der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung an. Der BEM-Beauftragte sagt zu mit dem Personalleiter zu sprechen, wenn die Erzieherin hierfür ihre schriftliche Zustimmung gibt.
Das macht die Erzieherin und ist begeistert, dass man ihr zutraut mit Krippenkindern zu arbeiten. Sie berichtet, dass sie eine Krippenfortbildung besucht hat, und vielleicht könne sie ihr Wissen bald einsetzen.
Der BEM-Beauftragte sagt zu, den Stellentausch abzuklären. Die Erzieherin bekommt, so bald als möglich, Bescheid.
Das macht die Erzieherin und ist begeistert, dass man ihr zutraut mit Krippenkindern zu arbeiten. Sie berichtet, dass sie eine Krippenfortbildung besucht hat, und vielleicht könne sie ihr Wissen bald einsetzen.
Der BEM-Beauftragte sagt zu, den Stellentausch abzuklären. Die Erzieherin bekommt, so bald als möglich, Bescheid.
Umsetzung der Maßnahme
Die andere Mitarbeiterin ist mit dem Stellentausch einverstanden. Der Betriebsrat stimmt der Versetzung zu. Die Erzieherin wird geraten, eine Wiedereingliederung bereits in der neuen Krippengruppe zu beginnen. Das gibt ihr Zeit sich langsam an die veränderte Arbeitssituation und die Kinder zu gewöhnen.
Die Wiedereingliederung wird von der Schwerbehindertenvertretung begleitet. Während der Wiedereingliederung ist die Erzieherin zusätzlich zu den anderen Mitarbeiterinnen in einer Gruppe. So kann sie Kontakte zu den Kindern und Eltern aufbauen und sich langsam in das Tagesgeschehen einfinden. Nach acht Wochen Eingliederung übernimmt die Erzieherin alle Arbeiten problemlos. An den Bereichsbesprechungen beteiligte sie sich kompetent, den Entwicklungsstand der Kinder kann die Erzieherin gut einschätzen und gezielte Unterstützungsangebote anbieten. Durch ihre Fortbildung brachte sie spezielle Kenntnisse in die Arbeit ein, wovon auch die anderen Kolleginnen profitieren und gut in das Gesamtkonzept passen. Durch ihre Freundlichkeit, Ausstrahlung und Kompetenz ist sie bei Kolleginnen, Eltern und Kindern sehr beliebt und findet ihren Platz im Team.
Die Wiedereingliederung wird von der Schwerbehindertenvertretung begleitet. Während der Wiedereingliederung ist die Erzieherin zusätzlich zu den anderen Mitarbeiterinnen in einer Gruppe. So kann sie Kontakte zu den Kindern und Eltern aufbauen und sich langsam in das Tagesgeschehen einfinden. Nach acht Wochen Eingliederung übernimmt die Erzieherin alle Arbeiten problemlos. An den Bereichsbesprechungen beteiligte sie sich kompetent, den Entwicklungsstand der Kinder kann die Erzieherin gut einschätzen und gezielte Unterstützungsangebote anbieten. Durch ihre Fortbildung brachte sie spezielle Kenntnisse in die Arbeit ein, wovon auch die anderen Kolleginnen profitieren und gut in das Gesamtkonzept passen. Durch ihre Freundlichkeit, Ausstrahlung und Kompetenz ist sie bei Kolleginnen, Eltern und Kindern sehr beliebt und findet ihren Platz im Team.
Abschluss
Im BEM-Abschlussgespräch berichtete die Erzieherin, wie glücklich sie mit dem Krippenarbeitsplatz sei. Sie gehe wieder mit Freude zur Arbeit und finde sehr viel Verständnis für ihre Erkrankung. Man habe ihr einen Schrank für ihre Hygiene-Artikel in den Waschraum gebaut. Bei der letzten Untersuchung habe ihr Arzt mitgeteilt, dass ihre Entzündung soweit zurückgegangen sei, dass man bald an eine Rückverlegung des Darmes denken könne. Aber zurzeit wolle sie das noch nicht planen, denn das bedeute eine OP und damit auch Krankenzeiten. Es wurde die Erzieherin versichert, dass sie ja in der Krippengruppe verständnisvolle Kolleginnen habe, und da solle sie erst mal an sich und ihre Gesundheit denken. Mit der BEM-Maßnahme waren alle zufrieden und so konnte der Fall positiv abgeschlossen werden.
Fazit
Durch die Versetzung konnten krankmachende Arbeitsbedingungen verhindert und auf einem geeigneten Arbeitsplatz wieder die volle Arbeitsleistung erbracht werden.
Eine fähige Kollegin hat wieder Freude an der Arbeit und ist für die Krippe ein Gewinn. Krankenzeiten sind außer der OP keine mehr aufgetreten.
Eine fähige Kollegin hat wieder Freude an der Arbeit und ist für die Krippe ein Gewinn. Krankenzeiten sind außer der OP keine mehr aufgetreten.
Quelle
Dies ist ein Praxisbeispiel aus dem Buch: BEM – Wiedereingliederung in kleinen und mittleren Betrieben von Edeltrud Habib – herausgegeben vom Bund-Verlag.
Schlagworte
- Arbeitgebende |
- Arbeitnehmende |
- Arbeitsaufgabe |
- Arbeitsorganisation |
- berufliche Rehabilitation |
- Betriebliches Eingliederungsmanagement |
- Bildung, Erziehung und Wissenschaft |
- Darm |
- Darmerkrankung |
- Dienstleistung |
- Disability Management |
- Erwerbstätigkeit |
- Erzieher/in |
- Erziehung |
- Erziehungswesen |
- Good Practice |
- Heben |
- Inklusion |
- inklusionsbeauftragte Person des Unternehmens |
- innere Erkrankung |
- Kindergarten |
- Körperbehinderung |
- Körperbelastung |
- Körperhaltung |
- Krankenversicherung |
- Organisation |
- Praxisbeispiel |
- psychische Belastbarkeit |
- Rehabilitation |
- Stress |
- Stufenweise Wiedereingliederung |
- Talentplus |
- Teilhabe |
- Teilhabe am Arbeitsleben |
- Tragen |
- Umgebungseinflüsse, Sicherheit und Belastungen |
- Versetzung |
- Vertretung Arbeitgebende |
- Vollzeitarbeit |
- Wiedereingliederung
Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung
- EFL - Heben (Boden zur Taillenhöhe/Taillen- zur Kopfhöhe/horizontal)
- EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
- EFL - Tragen (rechte, linke Hand/vorne)
- ELA - Heben
- ELA - Tragen
- ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
- ERGOS - statisches/dynamisches Heben
- ERGOS - Tragen
- IMBA - Arbeitszeit
- IMBA - Ausdauer (psychisch)
- IMBA - Heben
- IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)
- IMBA - Tragen
- IMBA - Umstellung
- IMBA - Verantwortung
- MELBA - Ausdauer (psychisch)
- MELBA - Umstellung
- MELBA - Verantwortung
Referenznummer:
Pb/110879
Informationsstand: 07.09.2022