Praxisbeispiel
Betriebliches Eingliederungsmanagement für einen Parkettleger

Wo lag die Herausforderung?

Der Parkettleger fehlte aufgrund von Problemen an seinem rechten Knie längere Zeit an seinem Arbeitsplatz, woraufhin er vom Geschäftsführer zum Gespräch gebeten wurde. Es musste eine Möglichkeit gefunden werden, den Mann belastungsarmer für sein Knie weiter beschäftigen zu können.

Was wurde gemacht?

Im Gespräch wurde sich darauf geeinigt, eine zufriedenstellende Lösung für beide Seiten zu finden. Der Geschäftsführer schlägt deshalb eine Tätigkeit in der Beratung vor, bei der er seine Erfahrungen aus der Praxis nutzen kann und die Kundschaft im Geschäft berät, bei der Auswahl behilflich ist und vor Ort ausmisst. Der Mann kann sich dies sehr gut vorstellen und findet sehr schnell Gefallen an seiner neuen Aufgabe. Die neue Tätigkeit kann er ohne größere Belastungen für sein Knie ausführen und es kam zu keinen weiteren Ausfallzeiten.

Schlagworte und weitere Informationen

Es liegen keine Informationen zur Förderung vor.

Mitarbeiter

Der 51 Jahre alte Parkettleger arbeitet seit 33 Jahren im Betrieb.

Unternehmen

Das Einrichtungshaus für Tapeten, Teppiche und Bodenbelege wie Holz, Laminat, Bambus, Gardinen und Deko-Artikel hat 24 Beschäftigte und verfügt über keine Interessenvertretung.

Fallschilderung

Der Parkettleger hat seine Ausbildung in diesem Einrichtungshaus begonnen. Er wurde nach seiner Ausbildung vom Betrieb übernommen. Er ist, wie seine Kollegen, für das Ausmessen der Ware und das Verlegen sowie die Berechnung des Materialzubehörs zuständig. Der Parkettleger hatte eine lange Krankenzeit. Mehrmals hat sich der Geschäftsführer telefonisch nach seinem Befinden erkundigt. Nach einer Krankenzeit von 12 Wochen wurde der Parkettleger zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer gebeten.

Gespräch

Am Gespräch nehmen der Geschäftsführer und der Parkettleger teil.

Gesprächsverlauf

Mit einem unguten Gefühl erscheint der Parkettleger humpelnd zum Gespräch. Er berichtet, dass er am rechten Knie einen erheblichen Verschleiß habe. „Der behandelnde Orthopäde hat mir geraten, die kniende Tätigkeit aufzugeben. Das Attest habe ich aber aus Angst vor einer Kündigung nicht abgegeben. Ich bin nun mal Parkettleger. Was werden soll, weiß ich auch nicht. Bei einer Aufgabe der Belastung rechnet der Arzt mit einer Besserung. Aber, wie das gehen soll, kann er mir auch nicht sagen.“
Das ist für den Geschäftsführer keine gute Nachricht, ist der Parkettleger doch ein ausgesprochener Leistungsträger im Betrieb. Bei ihm gibt es nie Reklamationen. Nie gibt es Beschwerden der Kundschaft, dass er sich beim Ausmessen der Ware verrechnet hat, was bei seinen Kollegen öfter vorkommt und zu einem nicht unerheblichen Kostenaufwand für das Unternehmen führt. Auf so einen Mitarbeiter will und kann der Betrieb nicht verzichten. Das macht der Geschäftsführer dem Parkettleger deutlich und versichert, dass er an einer zufriedenstellenden Lösung für beide Seiten interessiert sei und darüber mit dem Personalleiter sprechen will. In einer Woche soll der Parkettleger wieder kommen, bis dahin will er nach einer Lösung suchen. Der Parkettleger ist sehr erleichtert darüber, vor allem, weil nicht von Kündigung die Rede ist.

Wünsche und Vorstellungen

Der Parkettleger möchte eine Kündigung vermeiden, kann jedoch nicht mehr als Parkettleger arbeiten.

Maßnahme

Immer noch besorgt, geht der Parkettleger zum nächsten Gesprächstermin. Er wird freundlich empfangen und gleich wird ihm mitgeteilt, man habe eine gute Idee.
Der Parkettleger soll zukünftig ausschließlich die Kundschaft im Geschäft beraten, bei der Auswahl behilflich sein, vor Ort ausmessen, für die Kundschaft geeignete Produkte aussuchen und ihnen Vorschläge unterbreiten.
Dieses Angebot gefällt dem Parkettleger sehr, kann er doch hier all seine Erfahrungen einbringen. Diese neue Aufgabe soll er nach seiner Erkrankung drei Monate lang ausprobieren, dann will man weitersehen. Der Parkettleger bedankt sich und ist sehr froh im Betrieb eine neue Perspektive zu haben.

Umsetzung der Maßnahme

Nach seiner Erkrankung beginnt der Parkettleger mit seiner neuen Tätigkeit. Wegen seiner Art, freundlich und aufgeschlossen auf die Kundschaft zuzugehen, dabei kompetent zu beraten, ist der Parkettleger bald eine Bereicherung für das Unternehmen.

Abschluss

Nach drei Monaten wird das verabredete Gespräch, wie es mit dem Parkettleger weiter gehen soll, geführt. Völlig entspannt findet sich der Parkettleger ein. Auf die Frage, wie es ihm auf der neuen Stelle erging, berichtet er begeistert, wie glücklich ihn die Arbeit mache. Auch sein Knieleiden habe sich erheblich verbessert. „Das ist eine Arbeit, die ich mir schon lange gewünscht habe. Schon immer wollte ich mehr Kontakt zur Kundschaft haben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kundschaft mit bestimmten Vorstellungen ins Geschäft kommt, nach meiner Beratung und Besichtigung im Geschäft, entscheiden sie sich dann zu Hause für was ganz anderes, weil sie die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten und Varianten vorher nicht gekannt hatten. So habe ich z. B. eine neue Treppe, die auf einer Messe vorgestellt worden ist, im Geschäft aufbauen lassen. In der kurzen Zeit, in der sie im Betrieb ausgestellt war, habe ich sie schon dreimal verkauft.“
Der Geschäftsführer bestätigt ihm, dass auch er glaubt die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Er berichtete, dass, seitdem der Mitarbeiter alle Ausmessungen auch für die Kollegen übernimmt, es keinen Verschnitt und falsche Berechnungen mehr gibt. Die Verkaufszahlen sind gestiegen, was auf die gute fachliche Beratung zurückzuführen ist. „Die zufriedene Kundschaft gibt positive Rückmeldung und empfiehlt unser Unternehmen weiter.“ Nun soll sein Arbeitsvertrag in eine Beraterstelle umgewandelt werden, was auch mit mehr Geld verbunden ist. Dies freut den Parkettleger besonders. Der Geschäftsführer versichert, dass es sich gezeigt hat, wie wichtig und gewinnbringend eine gute fachliche Beratung für ihr Unternehmen ist.
Dem Parkettleger eine andere Tätigkeit zu organisieren ist für den Betrieb eine gute Entscheidung gewesen.
Der Parkettleger ist sehr zufrieden mit dem Gespräch und blickt entspannt in die Zukunft.

Fazit

Hier hat das Unternehmen seine Fürsorgepflicht ernst genommen und für einen Mitarbeiter mit einer Leistungseinschränkung nach geeigneten Einsatzmöglichkeiten gesucht. Das Unternehmen konnte einen langjährigen und erfahrenen Mitarbeiter im Betrieb halten und hat ihm nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend einen anderen Arbeitsplatz neu eingerichtet.
Beide Seiten sind Gewinner. Das Unternehmen konnte eine Gewinnsteigerung verbuchen. Für den Parkettleger hat sich die zunächst aussichtslos erscheinende Situation in ihr Gegenteil umgekehrt. Krankenzeiten sind keine mehr aufgetreten.

Zusatzinformation

Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach (§ 167 Abs. 2 SGB IX) ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung im Sinne des § 176 SGB IX gebildet ist (BAG, Urteil vom 30.09.2010 – 2 AZR 88/09).

Quelle

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • EFL - Hockestellung
  • EFL - Knien
  • EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
  • EFL - wiederholte Kniebeugen
  • ELA - Hocken
  • ELA - Kniebeugen
  • ELA - Knien
  • ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
  • ERGOS - Hocken
  • ERGOS - Knien
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Knien/Hocken
  • IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)

Referenznummer:

Pb/110878


Informationsstand: 07.09.2022