Praxisbeispiel
Betriebliches Eingliederungsmanagement für eine medizinisch-technische Assistentin

Wo lag die Herausforderung?

Die medizinisch-technische Assistentin erkrankte nach einem dreijährigen Erziehungsurlaub an einem Tumor. Nach einem Klinikaufenthalt absolvierte sie eine Reha, nach der sie arbeitsunfähig entlassen wird, danach 78 Wochen Krankengeld erhielt und im Anschluss von der Krankenkasse ausgesteuert wurde. Nach fünfeinhalb Jahren Abwesenheit an ihrer Arbeitsstelle, möchte die Frau wieder arbeiten.

Was wurde gemacht?

Das Unternehmen leitete wegen der Ausfallzeiten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ein, dem die Frau zustimmte. Im Rahmen des BEM wurde beschlossen, eine stufenweise Wiedereingliederung durchzuführen. Die Fallmanagerin wies dabei darauf hin, dass in dieser Zeit Übergangsgeld zur Unterhaltssicherung vom Reha-Träger bezogen werden kann. Die Frau wurde danach langsam in die neuen Gegebenheiten des Labors eingearbeitet und dort stufenweise an die Bedingungen und Belastungen herangeführt. Nach der stufenweisen Wiedereingliederung kam es zu keinen weiteren Ausfallzeiten.

Schlagworte und weitere Informationen

Die stufenweise Wiedereingliederung erfolgte, wegen der Behinderung bzw. Schwerbehinderung, auf Basis des § 44 SGB IX stufenweise Wiedereingliederung. Daher konnte, trotz langer Krankheitszeit und Aussteuerung durch die Krankenkasse, die Maßnahme durchgeführt und Leistungen zur Unterhaltssicherung während der Wiedereingliederung als Übergangsgeld von der Rentenversicherung gezahlt werden. Das Verfahren wurde durch eine externe Disability Managerin beraten und begleitet.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefonnummern der Rentenversicherung.

Mitarbeiterin

Die 38-jährige medizinisch-technische Assistentin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80. Sie arbeitet seit 17 Jahren im medizinischen Labor eines städtischen Krankenhauses, das in der Zwischenzeit ausgelagert und privatisiert wurde.

Unternehmen

Das medizinische Labor hat 48 Beschäftigte und es existiert eine Interessenvertretung. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist noch nicht eingeführt.

Fallschilderung

Nach der Geburt ihrer Tochter nahm die medizinisch-technische Assistentin drei Jahre Erziehungsurlaub. In dieser Zeit wurde das medizinische Labor der Klinik ausgegliedert und privatisiert.
Als die medizinisch-technische Assistentin nach drei Jahren Erziehungsurlaub ihre Arbeit wieder aufnehmen will, erkrankt sie an einem Tumor. Nach ihrem Klinikaufenthalt macht sie eine Reha. Aus der Rehabilitation wird sie jedoch als arbeitsunfähig entlassen. Sie bekommt 78 Wochen lang Krankengeld. Danach wird sie von der Krankenkasse ausgesteuert. Nach zweieinhalb Jahren Krankenzeit erhält sie von ihrer Onkologin die Empfehlung eine Wiedereingliederung zu probieren. Daraufhin meldet sich die medizinisch-technische Assistentin nach insgesamt fünfeinhalb Jahren Abwesenheit im Labor und erzählt, dass sie wieder anfangen will zu arbeiten. Die Laborleitung ist davon nicht begeistert. Die medizinisch-technische Assistentin wendet sich an ihre Kollegin, die Betriebsrätin ist.

BEM-Gespräch

Am Gespräch zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement nehmen die Laborleiterin, die Betriebsrätin und eine externe Fallmanagerin bzw. Disability Managerin teil.

Gesprächsverlauf:

Die Betriebsrätin bittet die Fallmanagerin bzw. Disability Managerin zu einem Gespräch, an dem sie selbst, die Laborleiterin und die medizinisch-technische Assistentin teilnehmen. Mittlerweile hat sich die Laborleiterin nach der medizinisch-technischen Assistentin erkundigt und von ihren früheren Kolleginnen erfahren, dass sie eine zuverlässige und erfahrene Kollegin ist. Das sagt sie der medizinisch-technischen Assistentin, aber auch, dass sie mit ihrer geplanten Arbeitsaufnahme Probleme hat. Das ganze Labor wurde umgebaut, es ist nichts mehr wie vorher. Die Untersuchungsverfahren, vor allem die Bedienungssoftware der Geräte, hat sich grundlegend geändert.
Die medizinisch-technische Assistentin meint, dass sie sich trotzdem die Arbeit zutraut. Sie braucht nur etwas Zeit. Sie würde gerne eine Wiedereingliederung machen, das habe ihre Ärztin ihr geraten.
Die Fallmanagerin erklärt, dass das nicht geht, weil man nur dann eine Wiedereingliederung machen kann, wenn man noch im Krankengeldbezug ist. Aber es gibt die Möglichkeit einer Wiedereingliederung als betriebliche Anpassungsmaßnahme i.V.m. § 44 SGB IX. Voraussetzung hierfür ist, dass die behandelnde Ärztin eine stufenweise Wiedereingliederung befürwortet, was sie ja bereits getan hat. Zur Finanzierung der Wiedereingliederung muss beim Rententräger ein Antrag auf Übergangsgeld gestellt werden. Die medizinisch-technische Assistentin stimmt dem zu.

Wünsche und Vorstellungen

Die medizinisch-technische Assistentin will möglichst bald wieder anfangen zu arbeiten.

Maßnahme

Wenn die Finanzierung der betrieblichen Anpassungsmaßnahme genehmigt ist, wird die medizinisch-technische Assistentin während der stufenweisen Wiedereingliederung als zusätzliche Kraft im Labor arbeiten. Die Erziehungsurlaubs- und Krankenvertretung der medizinisch-technischen Assistentin hat für diese Zeit noch ihren Vertrag. Dadurch besteht die Möglichkeit einer langsamen Einarbeitung in die neuen Gegebenheiten.

Umsetzung der Maßnahme

Die Fallmanagerin unterstützt die medizinisch-technische Assistentin bei der Beantragung der betrieblichen Anpassungsmaßnahme i.V.m. § 44 SGB IX beim Rententräger.

Abschluss

Der Antrag auf Übergangsgeld für die Zeit der betrieblichen Anpassungsmaßnahme wird vom Rententräger genehmigt. Die Deutsche Rentenversicherung zahlt für vier Monate ein Übergangsgeld. Durch die Maßnahme der betrieblichen Anpassung i.V.m. § 44 SGB IX ist der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben für die medizinisch-technische Assistentin gelungen.

Fazit

Die viermonatige betriebliche Wiedereingliederung mit stufenweiser Anpassung einerseits und die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin in dieser Zeit als zusätzliche Kraft im Labor arbeiten konnte, erleichterte beide Seiten den Wiedereinstieg der Arbeitnehmerin ins Berufsleben. Durch die behutsame Maßnahme konnte die volle Arbeitsleistung und damit die Teilhabe am Arbeitsleben wieder erreicht werden. Eine Kündigung aus Krankheitsgründen konnte verhindert werden. Krankenzeiten sind keine mehr aufgetreten.

Quelle

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • EFL - Schweregrad der Arbeit (Last/Herzfrequenz)
  • ERGOS - aktuelle tägliche Dauerleistungsfähigkeit (Last/Herzfrequenz)
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - physische Ausdauer (Last/Herz-Lungensystem)

Referenznummer:

Pb/110881


Informationsstand: 20.10.2022