Praxisbeispiel
Sachbearbeiterin beim WDR

Wo lag die Herausforderung?

Die Sachbearbeiterin kann fortschreitend immer weniger sehen mit Tendenz zur Blindheit, weshalb sie z. B. Schrift nur stark vergrößert sowie kontrastreich wahrnehmen kann und in ihrer Mobilität eingeschränkt ist. Erkrankungsbedingt kam es zu vermehrten Ausfallzeiten und sie konnte ihren alten Job nicht weiter ausüben.

Was wurde gemacht?

Im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements wurden gemeinsam Maßnahmen zur Rückkehr ins Unternehmen erarbeitet. So wurde die Sachbearbeiterin u. a. an einen anderen Arbeitsplatz versetzt, wo sie den größten Teil ihrer Tätigkeit im Home-Office ausüben kann. Nur an Präsenztagen kommt sie für Besprechungen mit einem Fahrdienst ins Büro, da sie Schwierigkeiten bei der Orientierung hat und bereist einen Taststock nutzen muss. Begleitet wird sie dabei von ihrem Blindenführhund. Außerdem wurde der Arbeitsplatz im Home-Office mit einem Großbildschirm und einer Vergrößerungssoftware für den Computer ausgestattet.

Schlagworte und weitere Informationen

Die behinderungsgerechte Gestaltung wurde von der örtlichen Fachstelle für Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert, die so nur in einigen Bundesländern existiert und im Auftrag des Integrations- beziehungsweise Inklusionsamtes tätig ist. Die Beratung zur behinderungsgerechten Arbeitsgestaltung erfolgte durch die Schwerbehindertenvertretung mit Unterstützung durch den Technischen Beratungsdienst des Integrations- beziehungsweise Inklusionsamtes. Der Langstock und Blindenführhund zur Orientierung und Mobilität wurden von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Kompensation der behinderungsbedingten Auswirkungen und somit zur Teilhabe an der Gesellschaft gefördert. Die Kosten für den Fahrdienst werden von der Rentenversicherung getragen – aber nur im festgelegten Umfang für maximal drei Präsenztage pro Monat.
In REHADAT finden Sie auch die Adressen und Telefon-Nummern der Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter, Rentenversicherung und Fachstellen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben.

Unternehmen:

Der Westdeutsche Rundfunk bzw. WDR beschäftigt rund 4.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in knapp 150 Berufen – u. a. in den Bereichen Verwaltung, Berufe für Kaufleute, Redaktion, Technik und IT. Im Rahmen der Beschäftigung spielen Vielfalt und Inklusion – speziell von Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung – eine wichtige Rolle. Dies wird besonders durch die Förderung der Beschäftigung und Realisierung der Chancengleichheit unterstützt, wobei beispielsweise Instrumente wie eine Zielvereinbarung zur Barrierefreiheit und das Betriebliche Eingliederungsmanagement helfen dies in die Praxis umzusetzen.

Behinderung und Beeinträchtigung der Mitarbeiterin:

Die Frau hat eine fortschreitende Erkrankung, die zu einer hochgradigen Sehbehinderung mit Tendenz zur Blindheit führt. Sie kann optische Informationen (z. B. Schrift) nur stark vergrößert und kontrastreich wahrnehmen. Aufgrund von erkrankungsbedingt sich häufenden Ausfallzeiten wurde ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vom BEM-Team vorgeschlagen. Die Mitarbeiterin stimmte zu und im Rahmen des BEM wurden entsprechende Maßnahmen gemeinsam erarbeitet und festlegt, um die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und für die Zukunft das Auftreten dieser zu vermeiden.

Beruf:

Die Frau ist ausgebildete Kauffrau und arbeitet als Sachbearbeiterin beim WDR.

Arbeitsplatz und Arbeitsorganisation:

Es wurde eine Tätigkeit mit entsprechenden Aufgaben gesucht, welche die Sachbearbeiterin mit ihrer Qualifikation, ohne größere Belastungen, dem Einsatz von unterstützenden Hilfsmitteln und unter Beachtung ihrer beruflichen Neigungen weiter ausführen kann. Aus diesem Grund wurde die Sachbearbeiterin in eine andere Abteilung versetzt, wo sie Aufgaben auf dem Gebiet der Sachbearbeitung im Bereich Verwaltung und Urheberrecht übernimmt. Behinderungsbedingt wurde dabei berücksichtigt, dass die Sachbearbeiterin den größten Teil ihrer Tätigkeit von zu Hause bzw. aus dem Home-Office ausüben kann. Der dazu erforderliche Arbeitsplatz bzw. Bildschirmarbeitsplatz wurde entsprechend der Dienstvereinbarung zum Home-Office gestaltet und behinderungsbedingt zusätzlich mit einem Großbildschirm und einer speziellen Software zur vergrößerten sowie kontrastreicheren Darstellung der Bildschirminhalte ausgestattet. Die Vergrößerungssoftware ermöglicht auch eine Sprachausgabe über die Lautsprecher des Laptops oder Kopfhörer. Außerdem unterstützt die neuste Version des Betriebssystems mit den standardmäßig vorhandenen Bedienungshilfen für Menschen mit Behinderungen auch eine bessere Nutzung des Computers und der Software für Berufstätige mit Seheinschränkungen. Da am Arbeitsplatz rein digital gearbeitet wird, sind keine weiteren Hilfsmittel, wie z. B. ein Bildschirmlesegerät, erforderlich.
Am Bildschirmarbeitsplatz befasst sie sich mit Aufgaben wie u. a. dem Urheberrecht, zu dem sie telefonische oder schriftliche Anfragen von Kolleginnen und Kollegen erhält. Die benötigten Informationen zu den Urheberrechten recherchiert sie dann in den Systemen des WDR bzw. formuliert dazu entsprechende Anfragen an das Archiv und die Dokumentationsstelle, die dann den Kolleginnen und Kollegen die benötigten Informationen zum Urheberrecht mitteilen.
Zwei- bis dreimal pro Monat arbeitet die Sachbearbeiterin auch an Präsenstagen vor Ort beim WDR – immer dann, wenn Besprechungen in der Abteilung dies erfordern. Die entsprechenden Unterlagen (z. B. Präsentationen) bekommt sie vorab zugeschickt, so dass ihr die Inhalte bei der Besprechung bereits bekannt sind.

Arbeitsumgebung – Mobilität:

Die Sachbearbeiterin wohnt in einer ländlichen Gegend und weiter entfernt vom Sitz des WDR. Bedingt durch die schlechte Verkehrsanbindung und Nutzungsmöglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs in Kombination mit der starken Seheinschränkung, die auch für den Arbeitsweg zu berücksichtigen ist, findet der überwiegende Anteil der Tätigkeit zu Hause im Home-Office statt. Für die zwei bis drei Präsenstage im Monat nutzt sie ein Taxi-Unternehmen als Fahrdienst. Der Fahrdienst bringt sie zum WDR und anschließend wieder nach Hause. Aufgrund ihrer starken Seheinschränkungen nutzt sie bereits einen Langstock und einen Blindenführhund zur Orientierung auf ihren Wegen. Die Nutzung des Langstocks zur Orientierung erlernte sie im Rahmen eines Mobilitätstrainings. Der Blindenführhund begleitet die Sachbearbeiterin auch zum WDR an ihren Präsenstagen.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

ICF-Items

Mögliche Assessments – Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Sehen
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Sehen

Referenznummer:

Pb/111068


Informationsstand: 19.06.2024